EIN HINWEIS: Aus Krankheitsgründen unterbrechen wir die fortlaufende Auslegung des Johannes-Evangeliums. Stattdessen greifen wir auf eine dreitägige Betrachtung über die Reinigung des Herzens zurück. Ein innerer Zusammenhang ergibt sich daraus, daß wir bei den feindseligen Juden auf verschlossene Herzen stießen und es immer gut ist, auf das eigene Herz zu schauen und es zu Gott zu tragen, damit es tiefer gereinigt wird.
“Von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein”. (Mk 7,20-23)
Für jeden geistlichen Fortschritt ist die Verinnerlichung dieses Textes unabdingbar. Wir können uns noch so viele Übungen und Opfer auferlegen, Regeln befolgen und viele wichtige apostolische Werke tun. Wenn wir jedoch nicht an unserem Herzen arbeiten, dann wird Gottes Liebe kaum in uns wachsen. Man kann hier durchaus die bekannten Worte des Heiligen Paulus heranziehen, daß alles wie tönendes Erz wäre, wenn wir die Liebe nicht hätten (vgl. 1 Kor 13,1). Die Reinigung des Herzens bedeutet nämlich, in der Liebe zu wachsen.
Die Verinnerlichung des Textes besteht zunächst darin zu realisieren, daß die vom Herrn angesprochene Bosheit tatsächlich in unserem Herzen wohnt. Das sollte uns wachsam machen und von allen Illusionen über uns selbst befreien. Es mag zunächst weh tun, dies alles in uns zu entdecken. Wenn jedoch der Herr uns so deutlich darauf anspricht: “Hört mir alle zu und begreift, was ich sage”, dann ist es ihm ein großes Anliegen, daß wir nicht blind sind und in der Blindheit unsere eigenen Abgründe übersehen.
Der gesunde Realismus, uns als zum Bösen geneigte Menschen zu erkennen, wie es uns die katholische Kirche lehrt (s. KKK, Nr. 402-403), darf uns allerdings weder zum Fatalismus noch zur Resignation führen. Nein, er bewahrt uns vor Illusionen über uns selbst, aus denen im religiösen Bereich eine Art »selbstgemachte Heiligkeit« entstehen kann.
Stattdessen ist eine wahrhaftige Selbsterkenntnis ein Ruf, ganz zu dem aufzubrechen, der uns ein neues Herz schenken kann (vgl. Ez 36,26). Mit seiner Hilfe vermögen wir mitzuarbeiten, damit die Gnade Gottes uns in Menschen verwandelt, die nach seinem Bilde geformt sind.
Nehmen wir aus der Aufzählung Jesu, was alles “von innen, aus dem Herzen der Menschen” kommt, die bösen Gedanken heraus. Wir könnten die entsprechenden Gefühle noch hinzunehmen.
Wie können wir böse Gedanken überwinden?
Manche meinen, einen Weg entdeckt zu haben, indem sie versuchen, »positiv zu denken«. Es mag eine gute Absicht zugrunde liegen, dem Dunklen und Negativen keinen Raum zu geben, aber es wird immer irgendwie künstlich bleiben und kaum den Ursprung säubern können, aus dem die bösen Gedanken kommen.
Zunächst gilt es, die bösen Gedanken auch als solche zu identifizieren. Das dürfte eigentlich für einen Menschen in der Nachfolge des Herrn nicht so schwierig sein. Das Evangelium ist ein starkes Licht, in dem wir uns zu erkennen vermögen, wie auch die Gegenwart des Heiligen Geistes in uns, der uns an die Worte des Herrn erinnert (vgl. Joh 14,26) und zum inneren Meister auf dem Weg zu einem reinen Herzen wird.
Es kann allerdings schon in der ersten Phase ein großes Hindernis auftauchen, welches uns den Weg gar nicht richtig beschreiten lassen will. Es ist der Stolz, der nicht zugeben kann, daß wir böse Gedanken haben und sie u.U. gar rechtfertigt. Das wird besonders in geistlicher Hinsicht zu einem schwerwiegenden Problem und macht den Menschen zunehmend blind. Der Stolz wird hier zu einem unbeugsamen Wächter, der eine Selbsterkenntnis gar nicht erst zulassen will.
Welcher Art ein solcher Stolz ist, wäre ein eigenes Thema. Er kann schlicht und einfach eine Selbstüberhöhung sein, im schlimmsten Fall ist es ein luziferischer Hochmut. Er kann aber auch wie ein großer Schutzwall um die Unsicherheit der eigenen Person dienen, wenn vielleicht tiefsitzende Minderwertigkeitsgefühle vorhanden sind. Im letzteren Fall würde die falsche Sicherheit, die man sich zum Schutz der eigenen Person aufgebaut hat, zusammenbrechen, wenn man mit der Bosheit des eigenen Herzens konfrontiert wird. Das will man vermeiden, weil man meint, es nicht ertragen zu können und ins Nichts zu stürzen. Leider mangelt es in diesem Fall an Vertrauen auf einen liebenden Gott, der uns unsere Dunkelheit nicht deshalb erkennen läßt, um uns zu demütigen, sondern um sie mit seiner Gegenwart zu durchdringen.
Halten wir für heute fest: Ein erster wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einem reinen Herzen ist die Bereitschaft, ohne Angst und Verdrängung den eigenen Schatten wahrzunehmen, das Böse also, das von innen kommt, zu erkennen und sich zuzugeben. Immer sollte uns dabei gegenwärtig sein, daß dies im Angesicht eines liebenden Vaters geschieht, der uns aus der Dunkelheit in sein Licht führen möchte (vgl. 1 Petr 2,9).
Der Text macht uns nachdrücklich auf die Bruderliebe aufmerksam und ruft uns zur Gerechtigkeit auf. Denn gerade sie ist es, die die Gegenwart Gottes aufleuchten läßt. Es ist der Teufel, der ungerecht gegenüber Gott und den Menschen handelt. Er neidet dem Menschen die Gnade und sein Hass verfolgt ihn!
Jesus hat jedoch die Mächte des Bösen überwunden und uns zu seinen Brüdern berufen. Jetzt ist der Same Gottes tief in uns eingesenkt und sein Geist ist uns gegeben. Es ist dieser Geist, der nicht sündigen kann, weil er selbst Gott ist. Wenn wir in ihm bleiben und nach jeder Verfehlung wieder zu ihm zurückkehren, werden wir es durch die Barmherzigkeit Gottes und in der Kraft seiner Stärke schaffen, die Werke des Teufels ganz zu verlassen. Wir werden immer mehr in der Liebe zu Gott und zu den Menschen erwachen.