“Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist einiges schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, werden diese Stellen ebenso verdrehen wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” (2 Petr 3,15b-16)
Der heutigen Betrachtung stelle ich dieses Zitat aus dem Petrusbrief voran, denn die nächsten Kapitel des Römerbriefs sind in der Tat nicht leicht verständlich. Deshalb erlaube ich mir, sie zusammenzufassen und den Kern des Inhalts – hoffentlich verständlich – weiterzugeben. Dabei greife ich auch auf Kommentare der katholischen Allioli-Arndt-Bibel zurück. Zudem ist jeder herzlich eingeladen, die entsprechenden Kapitel selbst zu lesen, um sich ein umfassenderes Bild zu machen, und evtl. weiterführende Literatur zu lesen.
im dritten Kapitel des Römerbriefs stellt Paulus zunächst die Vorzüge der jüdischen Religion heraus. Diese kommen aber nicht zum Tragen, wenn die mosaischen Vorschriften nicht eingehalten werden. Wenn das geschieht, haben die Juden keinen Vorteil, denn alle – Juden wie Griechen – stehen unter der Herrschaft der Sünde (Röm 3,9). Paulus zitiert die Schrift:
“Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen; es gibt keinen Verständigen, keinen, der Gott sucht. (Ps 14,3) Alle sind abtrünnig geworden, alle miteinander taugen nichts. Es gibt keinen, der Gutes tut, auch nicht einen Einzigen. Ihre Kehle ist ein offenes Grab, mit ihrer Zunge betrügen sie; Schlangengift ist auf ihren Lippen. Ihr Mund ist voll Fluch und Gehässigkeit. Schnell sind ihre Füße, Blut zu vergießen; Verderben und Unheil sind auf ihren Wegen und den Weg des Friedens kennen sie nicht. Die Gottesfurcht steht ihnen nicht vor Augen:” (Röm 3,10-18)
Paulus will uns in seinen Reflexionen wissen lassen, daß die Werke des Gesetzes niemanden rechtfertigen können, da niemand sie vollkommen beobachten kann, sondern nur durch sie erkennt, was Sünde ist (Röm 3,20).
“Wie der Arzt dem Kranken die Schwere der Krankheit erklärt, um ihn zu bewegen, die Gesundheit zu wünschen und die notwendigen Mittel in Anwendung zu bringen, so hat Gott, da er das Menschengeschlecht heilen wollte, ihm zuerst das Gesetz gegeben, damit die Menschen ihre Schwäche und die Gefahr, in welcher sie schwebten, erkannten und dadurch angetrieben wurden, den Erlöser zu suchen, den er geben wollte” (Kommentar aus der Arndt-Allioli-Bibel).
Die Gerechtigkeit Gottes wird uns, so schreibt Paulus: “aus dem Glauben an Jesus Christus offenbart für alle, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied: alle haben gesündigt (Juden und Heiden) und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben werden sie gerecht dank seiner Gnade durch die Erlösung in Christus” (Röm 3,22-24).
Paulus fährt dann fort und gibt uns in seinen Worten eine Verdichtung der Botschaft des christlichen Glaubens:
“Ihn [Jesus] hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne wirksam durch Glauben. So erweist Gott seine Gerechtigkeit durch die Vergebung der Sünden, die früher in der Zeit seiner Geduld begangen wurden, er erweist seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um zu zeigen, daß er gerecht ist und den gerecht macht, der an Jesus glaubt” (Röm 3, 25-26).
Hier schenkt uns die Heilige Schrift einen sehr schönen Begriff: »die Zeit der Geduld Gottes«. Ohne in irgendeiner Weise die Wahrheit zu unterdrücken, wird uns deutlich gemacht, wie sehr der Mensch in der Sünde lebt und gelebt hat und wie zerstörerisch diese ist. Doch die Güte Gottes öffnet uns einen Blick in sein Herz. Gott hat in seiner Liebe über die Zeit der Unwissenheit hinweggeschaut. Der Abgrund der Gottesferne des Menschen wird zur noch größeren Offenbarung der unergründlichen Geduld und Liebe Gottes.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu unterstreichen, daß sich niemand rühmen kann. Unsere Erlösung ist das Werk Gottes und nicht unser Verdienst. Der Kommentar in der Allioli-Arndt -Bibel beschreibt es so:
“Das Rühmen jedes Menschen, des Juden wie des Heiden, ist ausgeschlossen, weil keiner sich auf die Beobachtung eines Werke vorschreibenden Gesetzes berufen kann, durch die er gerechtfertigt wäre. Denn erstlich haben weder die einen, noch die andern das Gesetz befolgt, auch kommt zweitens die Gerechtigkeit nicht aus dem Gesetz der Werke, sondern aus dem Gesetz des Glaubens. Ein Werkgesetz wäre immer Veranlassung, daß sich jemand auf die Befolgung desselben beriefe und rühmte. Das Gesetz des Glaubens aber heißt uns zu Christus unsere Zuflucht nehmen, damit wir die Gerechtigkeit erlangen, welche vor Gott gilt, und die göttliche Gnade empfangen, von der unterstützt wir Gottes Willen zu tun vermögen.”
Und weiter heißt es: “Die Rechtfertigung besteht nicht einzig in einer Gerechterklärung ohne innere Umwandlung, sondern in einer wahren Nachlassung der Sünden, Heiligung und Erneuerung des inneren Menschen, so daß wir aus Feinden Freunde und in der Hoffnung Erben des ewigen Lebens werden (vgl. Konzil von Trient, Sitz 6 Kap. 7) Diese Rechtfertigung wird uns als eine unverdiente Gnade zu Teil.”
Halten wir fest: Gott bietet uns die Erlösung in Christus als freies Geschenk an. Niemand hat es verdient. Das gilt sowohl für die Juden als auch und für alle Menschen.
Betrachtung zum Psalm nach der Tageslesung: