Das Fest Kreuzerhöhung geht zurück auf ein Ereignis im Jahre 335. Am 13. September 335 wurde nach Jahren der Bauzeit in Jerusalem eine große Kirche feierlich eingeweiht. Sie ist als Jerusalemer Grabeskirche oder auch Auferstehungskirche bekannt. Den Auftrag diese Kirche zu errichten gab Kaiser Konstantin, nachdem am 13. September 320 Kaiserin Helena das Kreuz aufgefunden hatte, Am 14. September, dem Tag nach der Kirchweihe, wurde in der neuen Kirche dem Volk zu ersten Mal das Kreuz vorgestellt. Der damalige Jerusalemer Patriarch Makarios I. trug das sogenannte „wahre Kreuz“ auf eine Anhöhe. Dort zeigte (erhöhte) er das Kreuz, damit alle Wartenden es sehen und verehren können. Daher der Name des Festes: Kreuzerhöhung.
Wir sind diesem Fest sehr verbunden. Unsere Schwester Corinna berichtete bereits, daß sie in Jerusalem an einer würdigen Messe im Alten Ritus neben dem Kreuz teilnehmen konnte. Unser Herz geht in diesen Tagen nach Jerusalem, denn unzählige Stunden haben wir am Kreuz verbracht und die Helenakapelle, wo das Kreuz aufgefunden wurde, ist uns zur unvergessenen liturgischen Heimat geworden. Vielmals haben Harpa Dei, Sr. Corinna und ich dort die Laudes und die Vesper gesungen, auch manche Heiligen Messen wurden in dieser Kapelle zelebriert. Es bleibt ein Schmerz derzeit keinen Zugang mehr zu den Heiligen Stätten zu haben. Aber es ist uns ein Trost Sr. Corinna dort zu wissen, die immer noch am frühen Morgen am Kreuz ausharrt und das Stundengebet in der Helenakapelle verrichtet. So bleibt in ihr unser Herz in Jerusalem. „Wie könnte ich Dich je vergessen, Jerusalem! (vgl. Ps 137,5)“
Joh 3,13-17 (Evangelium am Fest Kreuzerhöhung)
Und niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn. Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
In diesen wenigen Worten ist die Botschaft des Evangeliums auf das Wesentliche zusammengefaßt. Gott Vater gebührt alle Ehre und in gleicher Weise seinem geliebten Sohn, der gekommen ist, seinen Vater zu verherrlichen und die Menschen zu erlösen.
Bei der Betrachtung des Kreuzes unseres Herrn sollten wir mit Jesus zuerst auf die Liebe des himmlischen Vaters schauen. Von ihm geht alles aus, und unser Herr Jesus will, daß wir dies verinnerlichen. Die Liebe des Vaters hat Jesus bewegt, zu uns zu kommen, und er hat im Auftrag seiner Liebe gehandelt.
Der Beweggrund unseres Vaters ist eindeutig ausgesprochen: “So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab”. Damit schauen wir tief in das Herz unseres Vaters hinein.
Häufig ist die Welt nicht der Ort, an dem Gott die ihm zustehende Verehrung und der liebende Gehorsam geschenkt wird, sondern oft genug der Ort der Gottesabkehr, der Sünde und der Auflehnung. Gott sendet also seinen Sohn in eine ihm feindlich gesinnte Welt und verwirklicht damit selbst, was Jesus uns über die Feindesliebe in der Bergpredigt sagt (vgl. Mt 5,38-48).
Gott schaut den Menschen auf eine besondere Weise an, er schaut auf ihn wie auf sein verlorenes Schaf, welches sich verirrt hat (vgl. Lk 15,1-7). Er möchte es vor der ewigen Verdammnis retten. Ohne die Häßlichkeit und Abscheulichkeit der Sünde zu übergehen – und im Leiden seines Sohnes die Sünde sogar auf sich nehmend – ist seine Liebe immer auf das Heil des Menschen ausgerichtet. Es ist, wie wenn man einen Aussätzigen küßt, der seiner äußeren Erscheinung nach abstoßend und erschreckend ist, die Liebe aber alles überwindet: das führt zu dieser großen Geste der Zuneigung.
So küßt uns die Liebe Gottes, indem der Heilige Gottes – Gottes Sohn selbst – zu uns von der Sünde aussätzig gewordenen Menschen kommt. Die Schuld des Menschen wird vergeben und der Heilige Geist reinigt nun unseren Aussatz -eine Folge der Sünde, die uns entstellt hat – in der Tiefe.
Auch wenn wir das Kreuz vom Blickwinkel der Liebe Gottes aus betrachten, bleibt es dennoch ein furchtbares Geschehen, daß der Mensch in seiner Blindheit in der Lage ist, Gott selbst in seinem Sohn zu verurteilen und zu töten. Doch wird der Akt der Bosheit weit davon überstrahlt, daß der Herr mit seinem freiwilligen Tod der Menschheit die Rettung anbietet. Der Akt der Liebe überstrahlt den Akt des Hasses, der am Kreuzesgeschehen sichtbar wird.
Der Heilswille Gottes überstrahlt immer alles, was die Bosheit des Teufels und seine verblendeten Helfer an Unheil ersinnen und ausführen mögen. Das Kreuz wird so zum Zeichen des Triumphes der Liebe. Deshalb soll es auch überall in der Welt sichtbar aufgerichtet werden: als ein Zeichen, daß Gottes Liebe siegen wird. Es wird nur dann zu einer Art Bedrohung, wenn nicht Liebe und Wahrheit als höchste Güter angestrebt werden, sondern die Herrschaft für sich selbst.
Die Kirche muß ihrem Auftrag treu bleiben, Jesus als den Retter der Welt zu verkünden. Das ist eine Ehre und heilige Verpflichtung für sie. Nie darf das eingetrübt sein durch weltliche Spekulationen, theologische Absurditäten, durch Menschenfurcht oder Irrtümer. Gerade im Kreuz leuchtet Gottes Weisheit so stark auf, daß Paulus nur noch den Gekreuzigten verkünden wollte (vgl. 1 Kor 2,2).
Und tatsächlich: Das Kreuz ist der nie zu übertreffende Sieg der Liebe Gottes über die Finsternis der Sünde. So bleibt uns, Gott in aller Ehrfurcht und Liebe aus ganzem Herzen zu danken, ihn anzubeten und ihm zu dienen.