Der Heilige Pfad der Fastenzeit | Tag 36: “Der Glanz des Gehorsams”

Wir haben in der gestrigen Betrachtung den Gehorsam des Heiligen Joseph hervorgehoben. Ohne zu zögern folgte er dem Willen Gottes, nachdem er ihn erkannt hatte. Das lädt uns ein, heute noch einmal über den Gehorsam nachzudenken, der ein großes Gut ist, wenn er richtig verstanden und recht praktiziert wird.

Der Gehorsam hat – wie es uns die Bedeutung des Wortes nahelegt – etwas mit dem Hören zu tun, genauer gesagt mit dem Hinhören, dem Aufmerken, dem Zuhören, dem Lauschen, dem richtigen Hören.

Wenn sich Gott durch Mose an sein Volk wendet, spricht er:

“HÖRE, ISRAEL! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.” (Dtn 6,4)

Der Mensch schöpft die tiefste Weisheit nicht aus sich selbst, noch vermag er sein Lebensziel ohne die Hilfe Gottes zu erreichen. Er braucht die Führung und Wegweisung durch Gott, er bedarf des Heiligen Geistes, um Gott richtig zu erkennen.

Das rechte Hören auf den Herrn ist kein oberflächliches Hören, das nur das vernehmen will, was einem gefällt, und alles andere ausblendet. Jesus beklagt eine solche Haltung (Mt 13,13). Immer wieder hören wir in der Heiligen Schrift, wie Gott klagt über die Schwerhörigkeit seines Volkes. Der Wille der Hörenden ist nicht auf das Richtige hingeordnet: man will nicht hören, man neigt nicht sein Ohr und deswegen kommt man auch nicht zur Einsicht (vgl. Spr 2,1-4).

Der Heilige Paulus sagte schon: “Es wird eine Zeit kommen, in der man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich nach eigenen Wünschen immer neue Lehrer sucht, die den Ohren schmeicheln; und man wird der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken, sondern sich Fabeleien zuwenden.” (2 Tim 4,3-4).

Oft liegen dieser Haltung falsche Überzeugungen zugrunde oder gar ein falsches Gottesbild. Man betrachtet den Gehorsam als Einschränkung der persönlichen Freiheit. Diese falsche Sicht von Freiheit scheint uns das Recht zu geben, uns dem liebenden Willen Gottes zu entziehen. Ja, der Wille Gottes erscheint womöglich sogar als Bedrohung, der man ausweichen muß. Dieses verzerrte Gottesbild will uns Gott als eine Art Tyrann vorstellen, der willkürlich seine Anordnungen gibt und dem man sklavisch zu folgen hat. Aber nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt!

Das wahre Bild Gottes, in dem wir ihn als den liebenden Vater betrachten, öffnet uns den Weg, den Willen Gottes wirklich erkennen und ihm folgen zu wollen. Es ist dann nicht mehr nur ein Akt des Gehorsams, zu dem wir uns innerlich verpflichtet wissen, weil wir seine Gebote zu erfüllen haben. Diese Art des Gehorsams ist sicher lobenswert und auch unbedingt erforderlich, um nicht in die Irre zu gehen; er ist auch ein Ausdruck der Liebe zu Gott, denn Jesus betont: “Wer mich liebt, hält meine Gebote” (Joh 14,21).

Doch kann der Gehorsam gegenüber Gott noch sehr viel strahlender werden, wenn er eine intensive Suche ist, ganz im Einklang mit unserem Vater zu leben, bis in die Feinheiten hinein. Es handelt sich um ein Eintauchen in seine Absichten mit uns und der Welt. Der Gehorsam wird dann zu einer großen Herzensangelegenheit und der Wille Gottes zu jener Speise, von der Jesus spricht: “Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat” (Joh 4,34). Man sehnt sich danach, diese Speise zu erhalten, und jede Art von falscher Gottesfurcht weicht.

Der Gehorsam ist also weit davon entfernt, unsere persönliche Freiheit zu beschneiden. Genau das Gegenteil ist der Fall! Die freudige Erfüllung des Willens Gottes garantiert die Freiheit des Menschen. Sie sprengt die Ketten der Selbstgebundenheit, der Verkrampfung in das eigene Ich, der ungeordneten Anhänglichkeit an die Welt und an die Menschen. Die Erfüllung des Willens Gottes nimmt uns hinein in die Welt Gottes.

Denken wir einmal darüber nach, wie der Gehorsam in der Ewigkeit sein wird! Er wird den Glanz, den wir jetzt schon im Ansatz bei einer freudigen Erfüllung seines Willens erkennen können, in Vollendung haben. Er wird Ausdruck der anbetenden Liebe all jener sein, die um den Thron Gottes versammelt sind und seine Gegenwart genießen dürfen (vgl. Apk 19,6). Alle werden in diesem heiligen Gehorsam verbunden sein, in selbstverständlicher Aufmerksamkeit auf den geliebten himmlischen Vater.

Der Gehorsam macht den Weg der Nachfolge Christi behende und erlaubt dem Geist Gottes, immer mehr sein Werk im Menschen zu vollbringen. Gerade der Gehorsam ist es, der zu einer großen geistlichen Wachsamkeit führt, weil er sich nicht nur im allgemein erkannten Willen Gottes bewegt, sondern Gottes Willen immer feiner in der aktuellen Lebenssituation sucht und erkennt.

Der wachsende und reifende Gehorsam macht es uns leicht, den Willen Gottes zu erkennen und zu tun. So wird er zu einem königlichen Weg der Nachfolge Christi.

Link zur Meditation über die Lesung von heute: https://elijamission.net/2022/04/06/

Link zur Meditation des Tagesevangeliums: https://elijamission.net/2021/03/24/

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