DER HEILIGE PFAD DER FASTENZEIT | Tag 17: “Die Tugend der Tapferkeit und der Klugheit”

Wenn wir uns nun dem Thema der Kardinaltugenden zuwenden, wäre es von der Rangfolge her richtig, zuerst die Tugend der Klugheit zu betrachten. Da wir aber in den letzten Tagen besonders über den Kampf gegen die Leidenschaften gesprochen haben, bietet es sich an, zunächst etwas über die Tapferkeit zu sagen.

Die Tugend der Tapferkeit

Um im Kampf nicht aufzugeben und all die Widrigkeiten ertragen zu können, manchmal auch Niederlagen, brauchen wir diese Tugend. Das zeigt schon einen wichtigen Aspekt der Tapferkeit auf: Es handelt sich um die Fähigkeit, um eines höheren Gutes willen etwas zu ertragen, und um die Bereitschaft, dafür sogar Leid auf sich zu nehmen.

Es sollte klar sein, daß wir die Tapferkeit nicht einfach um der Tapferkeit willen anstreben. Es geht vielmehr um ein hohes Gut. Im Falle des Kampfes gegen die Laster oder allgemein gegen das Böse, haben wir das Gute im Blick und wollen dies erreichen.

Mit einer zurückeroberten Herrschaft über die Leidenschaften z.B. können wir unsere Glieder besser in den Dienst Gottes stellen (Röm 6,13). Wenn wir die Habgier nach dem Erwerb von Gütern zügeln, entdecken wir den Reichtum Gottes und sind leichter bereit zu teilen. Wenn wir unser sexuelles Verlangen gemäß dem Willen Gottes zügeln, dann kann sich seine Gnade besser in uns entfalten und wir werden niemand zum Ärgernis…

Die Tapferkeit ist verwandt mit dem Mut, wird aber erhöht und vollendet durch die Gabe der Stärke, eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes.

Mut und Tapferkeit benötigen wir nicht nur, um uns gegen die inneren und äußeren Feinde zur Wehr zu setzen. Vor allem bedürfen wir der Tapferkeit, um unseren geistlichen Weg ganz zu gehen, nirgendwo stehenzubleiben und den notwendigen Reinigungen nicht auszuweichen.

Teresa von Avila hält die Tapferkeit für eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Weg der Nachfolge Christi; sie schreibt in ihrer Autobiographie: “Ich behaupte, ein unvollkommener Mensch habe mehr Tapferkeit nötig, um den Weg der Vollkommenheit zu gehen, als um plötzlich zum Märtyrer zu werden.”

Halten wir fest: Wir benötigen die Tapferkeit, um auf dem begonnenen Weg der Nachfolge voranzuschreiten. In unserer apokalyptischen Zeit ist diese Tugend besonders gefordert, um standzuhalten und dem Glauben und der authentischen Lehre der Kirche treu zu bleiben. In einer Zeit des zunehmenden moralischen Verfalls, der Verwirrung – auch in der Kirche – und der zunehmenden Verfolgung der Gläubigen gilt es auszuharren und auf den Herrn zu vertrauen. Tapferkeit bedeutet nicht, sich mutwillig unnötigen Gefahren auszusetzen oder völlig furchtlos zu sein. Tapferkeit bedeutet, um des Herrn willen bereit zu sein, Nachteile und Leiden auf sich zu nehmen und mit seiner Gnade durchzuhalten.

Die Tugend der Klugheit

Da ich über diese Tugend schon öfter gesprochen habe, möchte ich auf den entsprechenden Link verweisen: https://elijamission.net/themen-des-geistlichen-lebens-die-tugend-der-klugheit/ und begnüge mich im Kontext dieses Fastenweges mit einer kurzen Zusammenfassung.

Die Klugheit ist nicht zu verwechseln mit »Schlauheit«, die den eigenen Vorteil sucht.  Klugheit, insbesondere christliche Klugheit, betrachtet die Dinge und Umstände aus der Perspektive Gottes:

“Was gefällt dem Herrn am besten? Wie komme ich ihm näher? Wie kann ich die mir gegebene Zeit besser für das Reich Gottes nutzen?” Die Klugheit wird viele solcher Überlegungen anstellen und den entsprechenden Ratschlägen der Heiligen Schrift gut Folge leisten. Da sie ihr Augenmerk auf den Herrn richtet, wird sie besonders durch den Geist des Rates belehrt, was in jeder konkreten Situation das Gegebene und das Beste ist.

In Bezug auf die Tapferkeit vermeidet die Klugheit sicherlich unsinnige Mutproben, um sich zu beweisen. Sie wird manchmal auch Gefahren aus dem Weg gehen, aber nicht aus Angst, um sich zu schützen, sondern weil sie einsieht, daß es wenig sinnvoll ist, sich einer bestimmten Situation auszusetzen. Wir können das am Herrn selbst sehen, der sich manchmal dem Zugriff anderer Menschen entzog (vgl. z.B. Joh 8,59).

Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Mt 25,1-12) zeigt uns sehr deutlich, wie notwendig die Tugend der Klugheit ist. Nur die fünf klugen Jungfrauen werden zum Hochzeitsmahl eingelassen, während die fünf törichten abgewiesen werden, weil sie nicht vorausschauend waren, um für ausreichend Öl zu sorgen. Der Herr schließt dieses Gleichnis mit der Mahnung: “Seid also wachsam! Denn ihr wißt weder den Tag noch die Stunde!” (Mt 25,13)

Klugheit und Wachsamkeit gehen eine sehr fruchtbare Verbindung ein.

Die Klugheit rät uns, mit den Worten des Heiligen Paulus, “das Beste aus der gegenwärtigen Zeit zu machen” (Eph 5,16), also keine Gelegenheit zu versäumen, Gutes zu tun, die Tugenden zu üben, Gott zu verherrlichen und an der Rettung der Seelen mitzuwirken. Versäumen wir nämlich eine Gelegenheit zu einer guten Tat, dann ist diese für immer verloren. In der Zukunft wird es sicherlich andere Gelegenheiten geben, aber die eine, die wir verpaßt haben, kommt nie wieder. Hier würde uns z.B. die geistliche Wachsamkeit darauf aufmerksam machen, daß wir nie versäumen sollten, Gutes zu tun.

Klugheit und Tapferkeit brauchen wir sehr auf unserem Weg. Um diese Tugenden sollten wir den Herrn besonders bitten und sie auch üben. Gott wird uns dazu die Gelegenheit geben. Daß wir dabei Fehler machen, ist unvermeidlich. Aber wir können aus Fehlern lernen, und so kann uns die Klugheit wieder helfen, das nächste Mal besser vorbereitet zu sein.

Wenn wir in bestimmten Situationen nicht tapfer waren und dies aufrichtig bereuen, dann kann uns das zur Quelle werden, um neuen Mut zu fassen und eine zukünftige Situation besser zu bewältigen.

Link zur Meditation des Tagesevangeliums: https://elijamission.net/2022/03/18/

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