Dies habe ich in Bildreden zu euch gesagt; es kommt die Stunde, in der ich nicht mehr in Bildreden zu euch sprechen, sondern euch offen vom Vater künden werde. An jenem Tag werdet ihr in meinem Namen bitten und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten werde; denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt und weil ihr geglaubt habt, daß ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater. Da sagten seine Jünger: Siehe, jetzt redest du offen und sprichst nicht mehr in Bildreden. Jetzt wissen wir, daß du alles weißt und von niemandem gefragt zu werden brauchst. Darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist. Jesus erwiderte ihnen: Glaubt ihr jetzt? Siehe, die Stunde kommt und sie ist schon da, in der ihr versprengt sein werdet, jeder in sein Haus, und mich alleinlassen werdet. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. Dies habe ich zu euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt.
Der himmlische Vater liebt die, welche an seinen Sohn glauben und ihn lieben, denn das ist sein Wille für alle Menschen. Jesus annehmen und ihm nachfolgen bedeutet, daß der Mensch in der Gnade Gottes lebt und daß Gottes Liebe ihn zu erreichen vermag.
Es ist gewiß, daß Gott alle Menschen liebt, sonst hätte er seinen Sohn nicht zur Erlösung der Menschheit gesandt. Zweifellos geht unser Vater mit seiner suchenden und sorgenden Liebe nach, damit er gerettet wird. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Wer auf Jesus hört, kann nun in dieser Liebe, die ihn gefunden hat, sein Leben gestalten und es bewußt von der Liebe Gottes formen lassen. Das Licht Gottes hat ihn erreicht, und er erwacht zunehmend aus der Finsternis. Wenn er seinen Weg in Treue geht, nimmt der Sohn Gottes in ihm mehr und mehr Gestalt an, und sein Denken und Handeln gleicht sich dem des Sohnes Gottes an, denn dieser hat Wohnung in ihm genommen. Sein Geist leitet und erleuchtet ihn.
Welch ein Geschenk ist das für die ganze Menschheit, und zunächst wurde diese Gnade in besonderer Weise den Erstgeborenen, den Juden, zuteil. Es bleibt bis heute eine Trauer und Unerfülltheit zurück, daß so wenige Juden ihren Messias erkennen! Wenn wir einen ihrer hervorragenden Pharisäer, den heiligen Paulus, hören, der vom Verfolger zum Verkünder wurde, dann können wir auch die Trauer Gottes darüber in seinem Herzen erkennen: “Ich sage in Christus die Wahrheit und lüge nicht und mein Gewissen bezeugt es mir im Heiligen Geist: Ich bin voll Trauer, unablässig leidet mein Herz. Ja, ich wünschte selbst verflucht zu sein, von Christus getrennt, um meiner Brüder willen, die der Abstammung nach mit mir verbunden sind” (Röm 9,1-3).
Wie sehr hat er sich gewünscht, seine »Brüder der Abstammung nach« von Christus zu überzeugen, und gewiß ist es ihm immer noch ein Anliegen! Aber zunächst waren und sind es im Verhältnis nur wenige aus seinem Volk, welche die Gnade Gottes durch die Jahrhunderte hindurch aufnehmen.
Die vom Herrn erwählten Jünger bleiben ihm alle treu, bis auf Judas, aber ihr Glaube ist noch nicht stark genug. Sie können noch nicht alle Umstände der Gefangennahme Jesu und seines Todes ertragen. Sie bedürfen noch der Sendung des Heiligen Geistes, der sie dann so stärken wird, daß sie in den kommenden Verfolgungen standhalten und sogar ihr Leben für Jesus hingeben können.
Aber auch wenn die Jünger es nicht mittragen können und ihr Herr gefangengenommen wird, wird Jesus in der Stunde, in die er kommt, nicht allein sein.
Dieses Wort mag Trost und Gewißheit sein für Menschen aller Zeiten sein, die Jesus nachfolgen. In der großen Not, die durch Verfolgung und Leid entsteht und in der es oft keinen Menschen gibt, der uns beisteht, ist es immer der Vater, der uns begleitet. Das sagt uns Jesus zu! Und es ist auch ein Trost für Menschen, die oft hilflos sind, wie sie anderen in ihrer schweren Not helfen können. Gott ist mit den Verfolgten! Er kann, wenn unsere Möglichkeiten erschöpft sind, immer noch helfen. Darum können wir beten und auf diese Weise Hilfe leisten.
Schließlich spricht Jesus seinen Jüngern noch Mut zu. Er hat sie nicht im Unklaren darüber gelassen, was auf sie zukommen kann. Sein Leben hat es ihnen ja vor Augen geführt. Sie müssen um die Feindschaft der Welt wissen, die auch auf sie zukommen wird, wenn sie ihrem Herrn treu bleiben. Doch gerade ihr Herr wird ihnen die Kraft geben, in ihm die Welt zu überwinden, ja, sie zu besiegen. Ihr Herz wird auf Gott ausgerichtet bleiben, und die Verlockungen der Welt und die Angriffe von innen und außen werden sie nicht von ihrem Weg abbringen können. Darin sind sie uns ein Vorbild, wie so viele andere, die sich nicht von der Welt überwinden ließen, sondern am Zeugnis für Christus festhielten. Durch die Gnade Gottes ist dies möglich und wird auch in schweren Verfolgungen möglich bleiben, wenn antichristliche Mächte die Gläubigen bedrängen und vielleicht sogar das Blutopfer von einigen gebracht werden muß.
Erinnern wir uns in solchen Stunden daran, was der Herr kurz vor seinem Leiden und Sterben seinen Jüngern gesagt hat, und lassen wir uns davon aufrichten:
“In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt”.