Betrachtungen zum Heiligen Geist (4/14): DIE SELBSTBEHERRSCHUNG

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Heiliger Geist, am Anfang schwebtest Du über den Wassern (vgl. Gen 1,2) und brachtest Ordnung in das Chaos. Du willst auch Ordnung in das Chaos bringen, das durch die Sünde verursacht wurde, Ordnung in unser inneres und äußeres Leben.

So viel ist durch die Erbsünde und die Sünden, die ihr folgten, durcheinander gekommen, daß selbst Dein Freund Paulus stöhnte, daß in seinem Geist ein anderes Gesetz wohnt als in seinem Leib und – schlimmer noch – daß er dem Gesetz des Fleisches folgt (vgl. Röm 7,23)! Mit ihm stöhnen wir: “Wer erlöst mich aus diesem Leib? (Röm 7,24)

Doch soll es nicht so bleiben!

Wir müssen wieder die Herrschaft über uns selbst zurückgewinnen und dürfen nicht Sklaven unserer Leidenschaften und Gefühle sein! Es war doch so wunderbar von unserem Himmlischen Vater geordnet: Der Geist erleuchtete unseren Menschengeist, dieser setzte den Willen in Kraft und die natürlichen Antriebe standen im Dienst.

Aber, lieber Heiliger Geist, jetzt lehnen sich diese leider gegen uns auf und sind dadurch ein Spiegelbild der gefallenen Schöpfung, die sich gegen Gott auflehnt. Dazu kommt, daß auch die gefallenen Geister, welche versuchen die Heilswege Gottes zu stören, uns verwirren möchten.

So soll es aber nicht bleiben!

Nimm uns in die Schule der Selbstbeherrschung! Lehre uns, Schritt für Schritt mit einer weisen Askese wieder die Herrschaft über uns selbst zurückzugewinnen! Dieser Kampf kann uns nicht erspart bleiben, wenn wir auf dem Weg mit Dir geistlich wachsen wollen.

Deinem Freund, dem Heiligen Benedikt, hast Du besonders das rechte Maß ans Herz gelegt, um eine Balance im Mönchsleben zu finden: nicht zu viel und nicht zu wenig! Das ist ein kluger Rat, der – wenn wir ihn beachten und praktizieren – uns eine Sensibilität für den rechten Weg lehrt und so auch die Selbstbeherrschung weise schult, denn allzu leicht verlieren wir das rechte Maß und fallen von einem Extrem in ein anderes.

Aber, geliebter Heiliger Geist, wir müssen uns auch manchmal Gewalt antun. Dann, wenn uns die Begierde reizt, wenn sie uns Verlockungen aller Art vor Augen stellt und unsere Sinne betören will. Nicht selten verstärkt der Feind aller Menschen noch die Begierde und wir müssen uns wehren und um unsere Freiheit kämpfen.

Aber es sind nicht nur die starken Emotionen, die uns locken. Wir müssen schon bei den Gedanken aufpassen und die Herrschaft über sie zurückgewinnen und können uns nicht einfach ihrer Dynamik überlassen, auch und gerade dann, wenn sie sich uns aufdrängen wollen.

Eine Herrschaft über uns selbst bedeutet, daß wir wählen, welchen Gedanken wir uns überlassen, und jenen Gedanken, welche böse, sinnlos und unfruchtbar sind, unsere Aufmerksamkeit verweigern und sie “am Felsen Christi zerschmettern” (Heiliger Benedikt).

All das vermögen wir aber nicht aus eigener Kraft – wenn wir diese auch nutzen und in den Dienst stellen wollen. Wir brauchen Deine Gegenwart, in die wir uns flüchten können, wenn wir bedrängt sind, in der wir Stärke zum Widerstand finden, in der unser Wille immer mehr zuhause ist und lernt, die Herrschaft über unsere Antriebe auszuüben, soweit dies auf der Erde möglich ist.

Deshalb rufen wir Dich, Heiliger Geist, immer wieder an!

Es ist gut, in Deiner Kraft jede aktuelle Bedrängnis und alles, was uns aus dem Gleichgewicht bringen will, abzuwehren. Noch besser ist es, in ständiger Tuchfühlung mit Dir zu sein, daß Du unser innerer Kompaß wirst und wir mit Dir zusammen die innere und äußere Herrschaft über unser Begehren und unsere Gedanken ausüben können.

So bist Du unser Herr, und wir werden in Dir Herren über uns selbst; und das alles, alles in einer heiligen geistlichen Ordnung.

“In Deinem Licht schauen wir das Licht!” (Ps 36,9)