Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch. Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist. Denen ihr die Sünden erlaßt, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
Noch am selben Abend zeigte sich der Herr all seinen Jüngern, die sich verbergen mußten, weil sie Verfolgungen durch die Juden befürchteten. Jesus aber fand auch den Weg zu ihnen durch verschlossene Türen und wünschte ihnen als Erstes den Frieden. Das war das erste Wort des Auferstandenen an seine Jünger, und er spricht damit aus, was allen Menschen gilt.
Wie anders ist es, wenn der Gottessohn zu den Menschen kommt und ihnen den Frieden von Gott zuspricht. Wenn dieser Friede aufgenommen wird, dann durchdringt er das Dunkel der Unwissenheit, berührt und öffnet verschlossene Herzen, und Ängste beginnen zu weichen. Gott möchte den Menschen seinen Frieden schenken. Es ist jener Friede, den die Welt nicht geben kann, der aus der Übereinstimmung mit der Wahrheit und der Liebe als unendliches Geschenk seiner Güte dem Menschen das wahre Leben anbietet. Jesus kommt als Auferstandener zu den Seinen. Er kommt als Sieger, denn er hat den Satan entmachtet, den Tod besiegt und den Menschen am Kreuz freigekauft: “Friede sei mit Euch!” – Es ist sein Friede!
Nun zeigt er ihnen seine Hände und seine Seite. Sie sollen ganz sicher sein, daß er es ist. Er, der sein Leben am Kreuz hingegeben hat, damit die Wirklichkeit seiner Auferstehung sich ganz in sie einsenken konnte. Es ist wirklich ihr Herr, der vor ihnen steht, dem sie gefolgt sind, für den sie alles verlassen haben. Es gibt keinen Zweifel mehr! Ihre Freude kann sich jetzt Bahn brechen, die Freude, daß er es ist, ihr geliebter Herr, und daß er lebt!
Noch einmal spricht Jesus ihnen seinen Frieden zu. In ihm will er sie festigen, denn sie sollen nun seinen Frieden zu allen Menschen tragen. Alle sollen wissen, daß unser himmlischer Vater sie liebt und ihnen das ewige Leben schenken will. Sie sollen wissen, daß Gott ihnen in seinem Sohn den Weg bereitet hat, damit sie umkehren, leben und zu ihm heimkehren können. Die Jünger werden die wahren Boten des Friedens sein: ausgesandt, um in der Nachfolge ihres Herrn den Menschen die Botschaft des Heils zu bringen. Wie Jesus selbst vom Vater gesandt war, so werden auch sie ausgesandt!
Schon früh hatte Jesus seinen Jüngern zu verstehen gegeben, daß er sie erwählt hat (vgl. Joh 15,16). Jetzt haucht er sie an, damit sie den Heiligen Geist empfangen. Dieser wird sie führen, stärken und bevollmächtigen, das Evangelium zu verkünden. Und dann vertraut ihnen der Herr an, was die Kirche später im Sakrament der Buße zum Heil der Völker spenden wird: die Vergebung der Sünden im Namen Jesu. Wie wichtig ist das für Menschen, die oft unter der Last ihrer Sünden leben und ihrer inneren Freiheit beraubt sind. Sie verlieren nicht nur die lebendige Verbindung mit Gott, sondern geraten auch in Widerspruch mit sich selbst und zu ihrem Daseinsgrund, denn die Sünde zerstört den Menschen, beraubt ihn seiner tiefsten Bestimmung und beeinträchtigt seine Fähigkeit, in wahrer Einheit mit anderen zu leben.
Jesus vertraut den Aposteln das große Heilmittel für die Völker an: das Verdienst seines Opfers am Kreuz, damit sie sich zu Gott bekehren und nicht in ihren Sünden sterben.
Halten wir einen Moment inne: Was würde geschehen, wenn die Menschen die Gnade des Auferstandenen annehmen würden? Was wäre, wenn sie in der Kraft des Heiligen Geistes ihr Leben nach dem Willen des himmlischen Vaters ausrichten würden? Was könnte geschehen, wenn sie als wahre Kinder Gottes leben würden?
Die Antwort ist nicht schwer. Es würde eine Einheit unter den Menschen entstehen, die von Gott kommt, und in der Wahrheit und Liebe verwurzelt ist. Der Friede, den der auferstandene Jesus seinen Jüngern zuspricht und den sie in die Welt hinaustragen, würde sich ausbreiten und “das Antlitz der Erde erneuern” (Ps 104,30).
Ist das nur ein frommer Wunsch, ein schöner Traum?
Nein, weder Jesus noch seine Jünger haben geträumt, und auch unser himmlischer Vater läßt uns nicht in Illusionen leben. Es gibt diesen Weg! Es gibt die Wahrheit, die Pilatus nicht kannte (Joh 18,38)! Es gibt das Leben aus Gott, das nie enden wird! Es gibt die Vergebung der Sünden für alle Menschen, die umkehren und Gott darum bitten! Es gibt den Weg zum Frieden …
Die Jünger Jesu werden jetzt vom auferstandenen Herrn im Glauben gestärkt, unterwiesen und ausgesandt. Der Heilige Geist wird ihnen beistehen. Sie werden den verkünden, der der Erlöser aller Menschen ist, Juden und Heiden. So hat es Gott vorgesehen!