Inzwischen waren die Jünger Jesu zurückgekommen. Sie wunderten sich, daß er mit einer Frau sprach, doch keiner sagte: Was suchst du? oder: Was redest du mit ihr? Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, kehrte zurück in die Stadt und sagte zu den Leuten: Kommt her, seht, da ist ein Mensch, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus? Da gingen sie aus der Stadt heraus und kamen zu ihm.
Währenddessen baten ihn seine Jünger: Rabbi, iß! Er aber sagte zu ihnen: Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennt. Da sagten die Jünger zueinander: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht? Jesus sprach zu ihnen: Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden. Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Sieh, ich sage euch: Erhebt eure Augen und seht, daß die Felder schon weiß sind zur Ernte! Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, sodaß sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät und ein anderer erntet. Ich habe euch gesandt zu ernten, wofür ihr euch nicht abgemüht habt; andere haben sich abgemüht und euch ist ihre Mühe zugutegekommen.
Aus jener Stadt kamen viele Samariter zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte. Und zu der Frau sagten sie: Nicht mehr aufgrund deiner Rede glauben wir, denn wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.
Die Begegnung mit Jesus hatte die Samariterin entscheidend geprägt. Sie ließ sogar den Wasserkrug stehen, mit dem sie zum Brunnen gekommen war. Ohne es zu wissen, war sie nun bereits zur »Trägerin des lebendigen Wassers« geworden, wovon der fremde Rabbi gesprochen hatte. Jesus hatte sie schon in den Dienst genommen, denn auch die anderen Samariter sollten erfahren, wer zu ihnen gekommen war. Die Frau gab Zeugnis vom Handeln dessen, der von ihr auch das Verborgene wußte. Da sagte sie zu den Leuten in ihrer Stadt: “Ist er vielleicht der Christus?”
Damit hatte sie schon das Zeugnis des Herrn aufgenommen und wurde zur Botin für ihr Volk, das herbeieilte, um sich selbst zu überzeugen.
Inzwischen waren die Jünger aus der Stadt zurückgekehrt und baten ihn, er möge etwas essen. Der Herr aber nutzte die Situation, um ihnen wieder etwas mitzuteilen, was über das natürliche Verständnis hinausging.
Als Jünger dieses Rabbis mußten sie lernen, nicht alles sofort zu verstehen, was der Meister ihnen sagte. Da galt es zu vertrauen und geduldig zu warten, bis der Geist Gottes es ihnen aufschloß. Das ist heute nicht anders, wenngleich wir auch – durch die Kirche belehrt – eine lange und authentische Tradition haben, die Worte Jesu richtig zu verstehen. Aber auf dem Weg der persönlichen Nachfolge des Herrn kann es Wegabschnitte geben, für die uns der Geist des Herrn sein Licht schenken muß, weil wir sie aus uns selbst heraus nicht immer gleich verstehen und deuten können.
Der Herr macht die Jünger darauf aufmerksam, daß es noch eine andere Speise gibt, die weit wichtiger ist als die tägliche Nahrung, und daß er von ihr lebt: “Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu vollenden”.
Die Jünger werden verstehen lernen, daß beim Herrn alles darauf ausgerichtet ist. Davon ist seine Seele erfüllt und danach hungert sie. Nur die Erfüllung des Willens des Vaters kann ihn wirklich sättigen: Das Werk Gottes soll vollendet werden – das Werk der Erlösung der Menschheit. Das ist es, was Jesus antreibt! Es ist die Liebe, die sich nicht zufriedengeben kann, wenn sie nicht ihren Auftrag erfüllt.
Kann das nicht auch bei uns so werden? Wir haben große Vorbilder vor Augen: die Apostel selbst, die vom selben Geist wie ihr Herr bewegt waren und unermüdlich seine Botschaft weitertrugen; die vielen Missionare und Heiligen, die uns leuchtende Beispiele der Hingabe an Gott sind.
Ist es nicht so, daß unsere Seele erst wirklich satt sein kann, wenn sie den Willen Gottes getan hat? Kommt nicht erst dann jener Friede, der in der Seele Freude und Dankbarkeit hervorruft? Ist unsere Seele nicht erst dann still “wie ein kleines Kind an der Brust seiner Mutter” (Ps 131,2)?
Wir leben also von derselben Speise wie unser Herr: den Willen des Vaters zu tun und die Aufgabe zu erfüllen, die Gott uns anvertraut hat!
Jesus läßt seine Jünger wissen, daß sie von ihm gesandt sind, um zu ernten, was sie nicht selbst gesät haben. Andere haben zuvor gearbeitet, vor allem aber hat er selbst den Grundstein für eine reiche Ernte gelegt. Und in der Tat: Nach dem Tod und der Auferstehung Christi, nach der Sendung des Heiligen Geistes, breitete sich der Glaube aus, auch über die Grenzen Israels hinaus. Besonders geschah es durch den unermüdlichen Dienst des heiligen Paulus.
Doch bereits jetzt konnten die Jünger die Ernte vor ihren Augen sehen. Die Felder waren schon weiß zur Ernte, denn viele Samariter kamen zu Jesus und glaubten an ihn: Sie bekannten: “Wir haben selbst gehört und wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt”.