Im Auftrag handeln

1 Kor 9,16-19.22-23 (Lesung am Gedenktag des Heiligen Franz Xaver)

Brüder! Wenn ich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde! Wäre es mein freier Entschluß, so erhielte ich Lohn. Wenn es mir aber nicht freisteht, so ist es ein Auftrag, der mir anvertraut wurde. Was ist nun mein Lohn? Daß ich das Evangelium unentgeltlich verkünde und so auf mein Recht verzichte. Da ich also von niemand abhängig war, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen. Den Schwachen wurde ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben.

Nach der Einführung in den Advent und der Erinnerung an den Missionsauftrag der Kirche, der in Gefahr geraten ist, gedenken wir heute einem der größten Missionare der Kirche. Franz Xaver, ein Jesuit, der in Goa in Indien begraben liegt. Er hat unter unvorstellbaren Bedingungen und Mühen das Evangelium verkündet. Hören wir in das Herz dieses großen Apostels hinein, der mit dem heiligen Ignatius von Loyola den Orden der Jesuiten gegründet hat. Folgenden Brief schrieb der Heilige am 15. Juni 1544 aus Goa (Indien) an seinen Ordensgeneral, den heiligen Ignatius:

 “Wie viele Bekehrungen bleiben wegen des Mangels an Helfern, die sich des heiligen Werkes annehmen, in diesen Ländern noch zu wirken! Es packt mich, wie oft, das Verlangen, in die Universitäten Europas zu stürmen, schreiend mit lauter Stimme, wie einer, der nicht mehr bei Sinnen ist. Vor allem in Paris wollte ich’s alle hören lassen, deren Wissen größer ist als der Wunsch, hiervon guten Gebrauch zu machen. Vor versammelter Sorbonne wollte ich’s ihnen zurufen, wie viele Seelen vom Wege des Heiles abkommen durch ihre Schuld, wie viele Seelen verlorengehen durch ihre Gleichgültigkeit! […] Wenn sie mit gleichem Eifer, den sie den Studien zuwenden, auch jene Rechenschaft überdenken würden, die Gott, unser Herr, dereinst von ihnen fordern wird, wenn sie mit der nämlichen Wachsamkeit die ihnen vom Herrn verliehenen Talente prüfen wollten: wie viele von ihnen müssten erschüttert sein! Sie würden die Mittel zu ihrem Heile ergreifen, sie würden geistliche Übungen halten. Diese Übungen, ausersehen, sie im Innersten ihrer Seele den heiligen Willen Gottes erkennen zu lassen und ihn in seiner Tiefe zu begreifen. Und sie würden sich diesem göttlichen Willen fortan bereitwilliger als ihren eigenen Neigungen hingeben, sprechend: Herr! Siehe, hier bin ich. Was willst Du, daß ich tun soll? Sende mich, wohin Du willst, und wenn es gut ist, selbst bis nach Indien!”

Franz Xaver war in Indien, Japan, Indonesien und hat unzählige Menschen für den Herrn gewonnen und ihnen die Taufe gespendet. Ein wahrer Apostel!

Der Apostel handelt im Auftrag des Herrn. Das ist eine wesentliche Aussage. Wer vom Herrn einen Auftrag bekommen hat, wird nicht mehr an jeder Wegkreuzung fragen, ob er das, was auf ihn zukommt, will oder nicht. Er hat grundsätzlich Ja gesagt zu Gott und ist in seinen Dienst getreten. Er gehört also nicht mehr sich selbst, sondern ganz dem Herrn. So ist es wohl zu verstehen, wenn der heilige Paulus sagt: “Ein Zwang liegt auf mir!”. Er erfüllt einfach seinen Auftrag. Wenn man so will, könnte man sagen, daß dieser Auftrag nun über ihn herrscht, daß sein ganzes Denken und seine ganze innere Ausrichtung darin bestehen, diesen Auftrag zu erfüllen, dem er sich völlig unterstellt.

Der Herr selbst ist darin unser großes und unübertreffbares Vorbild. Jesus selbst ist gekommen, um den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh 6,38). Immer und in allem hat der Herr seine Sendung erfüllt. Er tat es aus Liebe zu seinem Vater und zu uns.

Das gilt auch für den Apostel Paulus. Seit seiner Vision des erhöhten Herrn (Apg 9,19) lebt er im Auftrag. Er hat Gott seine höchste Freiheit geschenkt, deshalb braucht er nicht ständig neue freie Entscheidungen zu treffen. Sein Wille ist sozusagen an den Herrn gebunden, die Freiheit ist schon ganz dem Herrn übergeben, und alles andere ist eine Folge dieses Geschehens.

Weil es diese Freiheit gibt, sich ganz dem Herrn zu schenken, und weil sie so zum »Zwang der Liebe« wird, können Paulus und die anderen Missionare »Sklaven« für alle werden. Sie können jede Situation unter der Perspektive sehen, wie sie andere Menschen für das Evangelium gewinnen können. Aus dieser letzten Freiheit heraus werden sie den Weg finden, den der Herr für sie vorgesehen hat, weil ihnen kein Weg zu weit, kein Kreuz zu schwer, keine Aufgabe zu groß ist. Es ist der Herr selbst, der in ihnen wirkt.

Wir schauen gerne zu diesen großen Aposteln auf, und ihre Lebenshingabe fragt uns an: Was ist meine Aufgabe? Unter welcher Prämisse steht mein Leben? …

Der Advent lädt uns ein, die Hingabe Gottes tiefer zu betrachten.

Gott ist uns auf dem Weg der vollkommenen Liebe vorangegangen. Er ist allen alles geworden, um uns in seiner Liebe zu gewinnen.

Die Apostel sind ihm nachgefolgt, und bis heute bewegt der Geist des Herrn Menschen, wie den heiligen Franz Xaver, alles für den Herrn zu geben!

Es gibt keine Relativierung oder gar Auflösung der Mission. Sie bleibt gültig, und wenn die Berufenen ihr nicht mehr so dienen, wie es dem Willen des Herrn entspricht, dann werden die Steine schreien (vgl. Lk 19,40)!

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