Nachdem wir über die Vertiefung des Gebets gesprochen und drei Beispiele, das Herzensgebet, den Rosenkranz und die eucharistische Anbetung, betrachtet haben, kehren wir zu der kleinen Väterversammlung um den heiligen Antonius herum zurück, die wir zu Beginn der Reflexionen kennengelernt haben. Über sie kam ja der Begriff der »discretio«, der Unterscheidung der Geister, zu uns. Wir haben diesen Begriff zunächst benutzt, um einen Blick auf den Zustand der Kirche und der Welt zu werfen. Dabei wurde klar, daß die Gläubigen in einen geistlichen Kampf einzutreten haben, da vonseiten der Kirchenführung schwerwiegende Irrtümer verbreitet werden.
In diesem Zusammenhang sei noch einmal an »die fünf Wunden der Kirche« erinnert, die ich so benannt habe, um die existenzielle Krise der Kirche tiefer zu verstehen. Für die Gläubigen gilt es aufzuwachen und zu realisieren, daß man nicht im Strom der gegenwärtigen Kirchenführung mitschwimmen kann, ohne in ihre Irrtümer einbezogen zu werden.
In diesen Tagen hat Weihbischof Athanasius Schneider, einer der wenigen Bischöfe, die offen Kritik an bestimmten Entscheidungen des Pontifikats üben, das aus der Klinik zurückgekehrte Kirchenoberhaupt aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um “Verwirrungen und Unklarheiten zu berichtigen, die in seinem Pontifikat entstanden sind und die er selbst verursacht hat”.
Bischof Schneider erläuterte in einem Interview mit dem amerikanischen katholischen Podcaster Joe McClane, wie diese notwendige Korrektur aussehen könnte. Franziskus solle ein Dokument herausgeben, das die Wahrheit des Glaubens wiederherstelle und die Irrtümer verurteile, die in unserer Zeit in der Kirche am meisten verbreitet sind. Dies sei notwendig, um entstandene Verwirrungen und Unklarheiten in seinem Pontifikat durch ihn selbst zu berichtigen.
Dazu gehöre auch, daß auch das apostolische Schreiben »Amoris Laetitia« ausdrücklich, also vom Papst, zurückgenommen werde, und die Blasphemie von »Fiducia supplicans«, in der Franziskus Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare erlaubte, vollständig aufgehoben werden müsse.
Ebenfalls, so Bischof Schneider, müsse das berüchtigte Dokument von Abu Dhabi aus dem Jahr 2019 “eindeutig zurückgezogen” werden, um die Authentizität des katholischen Glaubens zu bewahren, ebenso müsse der synodale Prozeß samt der kürzlich von Papst Franziskus genehmigten dreijährigen Verlängerung beendet werden.
Bischof Schneider hatte das Dokument von Abu Dhabi über die Brüderlichkeit aller Menschen wiederholt scharf kritisiert. Die darin enthaltene Hauptaussage, daß alle Religionen gottgewollt und Wege zu Gott seien, tadelte der Bischof, da sie “eindeutig gegen die göttliche Offenbarung verstößt, sie widerspricht direkt dem Ersten Gebot Gottes, das immer gültig ist: »Du sollst keine anderen Götter neben mir haben«”. Das Dokument von Abu Dhabi “widerspricht dem gesamten Evangelium”.
Inhaltlich ist den Aussagen von Weihbischof Schneider zuzustimmen. Persönlich kann ich aber nicht sehen – obwohl bei Gott nichts unmöglich ist und daher eine Offenheit bleibt -, daß es ein solches Dokument oder einen öffentlichen mündlichen Widerruf geben wird. Ich habe eher den Eindruck, daß sich die genannten Irrtümer verfestigen und darüber hinaus noch verstärken. Insofern glaube ich, daß wir uns weiter auf den Kampf einzustellen haben und wir werden zuhören, welche Mittel wir den Vätern mitnehmen können.
Wir erinnern uns: Das Gespräch der Väter drehte sich die ganze Nacht um die Frage, welche Tugend oder Übung einen Mönch vor all den Fallstricken des Teufels bewahren und mit sicherem Schritt zum Gipfel der Vollkommenheit führen könne.
Die einen sprachen sich für Fasten und Nachtwachen aus, damit ein beweglicher Geist sich schneller mit Gott vereinigen könne.
Das körperliche Fasten ist heute in der Kirche offiziell fast gänzlich verschwunden und damit auch bestimmte Aspekte, die mit dem Fasten verbunden sind. Die alttestamentlichen Propheten haben nie das Fasten an sich kritisiert, wohl aber, wenn es nicht mit der richtigen Haltung verbunden war. Wenn Fasten und Nachtwachen nicht in ein allgemeines Streben nach Heiligkeit eingebunden sind, helfen diese Übungen auch nicht, auf unsere christlichen Tugenden insgesamt positiv einzuwirken.
Ein Gebet der Fastenzeit beschreibt das sehr gut: “Das Fasten mindert in uns die Selbstsucht und öffnet das Herz für die Armen”. Damit ist die Richtung vorgegeben: Der bewußte Verzicht und die Zügelung des Konsums von Speisen stärken unsere geistigen Kräfte und machen auch das Herz leichter bereit, die Not anderer Menschen wahrzunehmen und ihnen zu dienen.
Die Überlegung der Väter, daß durch Fasten und Nachtwachen unser Geist beweglicher wird und wir uns leichter mit Gott vereinigen können, ist zutreffend. Gerade wenn wir weniger mit dem Essen, dem Genuß von Leckereien usw. beschäftigt sind und uns auch geistig mehr von unserem sinnlichen Verlangen lösen, wird unser Geist freier, sich zu Gott zu erheben. Das ist sicher das, was die Väter im Blick haben, wenn sie diese Übung empfehlen.
Auch die Nachtwachen, die die Stille der Nacht nutzen, um gesammelter zu Gott beten zu können, sind fruchtbar für unseren Geist, der sich so leichter mit dem Herrn vereinigt. Es gilt, an die vom heiligen Antonius angemahnte “discretio” zu denken und nicht zu übertreiben. Fasten und Zügelung des Appetits bedeutet nicht zu hungern, sondern einen Verzicht zu üben, der uns nicht etwa schadet, sondern uns stärken soll.
Wir werden morgen noch auf weitere Aspekte des Fastens und der Nachtwache eingehen und besonders auch einen Blick auf jenes Wort Jesu werfen, daß eine bestimmte Art von Dämonen nur durch Fasten und Gebet ausgetrieben werden kann, was für unseren geistlichen Kampf von Bedeutung ist.