Pfingstnovene, Tag 8 – “Der Wächter über unsere Seelen”

Haben wir dem Heiligen Geist die Tür geöffnet, damit er seine Gaben in uns entfalten kann, dann werden wir ihn als »Wächter über unsere Seele« kennenlernen. Wir könnten auch sagen, der »Hüter des Schatzes», denn unsere Seele ist ein großer Schatz, den uns der himmlische Vater anvertraut hat, den das Lamm Gottes aus der Gefangenschaft befreit hat und den nun der Heilige Geist mit großer Kraft erleuchten und zum Erblühen bringen will.

Es wäre für unseren göttlichen Wächter ja gar nicht so schwer, uns zur Vollendung unseres irdischen Weges zu führen, wenn wir wie Ton in den Händen unseres himmlischen Vaters wären, der sich von der göttlichen Liebe leicht formen lassen ließe. Denken wir etwa an die Bereitschaft der heiligen Engel, auf den leisesten Wink Gottes hin zu eilen, ohne daß sie etwas aufhalten könnte. Oder an die selige Jungfrau Maria, wie sie sich bereitwillig in den Dienst des Herrn stellt und ihm darin stets treu bleibt!

Gewiß, wir sind weder Engel noch die Jungfrau Maria! Und doch!!! Sind nicht auch wir gerufen, uns ganz der Liebe Gottes zu überlassen und ihm bereitwillig überallhin zu folgen, wie sie es getan hat?

Befragen wir doch einmal den geliebten Heiligen Geist zu diesem Thema! Was würde er uns wohl antworten?

Sicherlich würde er in den Lobpreis unseres Vaters einstimmen und uns schildern, mit welcher Schönheit der Vater unsere Seele ins Leben rief, welches Entzücken unsere Erschaffung bei ihm auslöste, welche Verheißungen unser Vater für die Seele bereithält und welche Würde ihr verliehen wurde! Unser göttlicher Wächter würde nicht müde werden, das Lob Gottes zu singen und wie seine Freunde, die heiligen Seraphim, ohne Unterlaß den Heiligen zu preisen.

Dann würde er wahrscheinlich dazu übergehen, das Loblied auf unsere Errettung und Erlösung zu singen und nicht verstummen, ohne die Liebe und Weisheit des himmlischen Vaters in all ihrer Schönheit dargelegt zu haben.

Dann würde er uns wohl anschauen, ob wir es verstanden haben und schon mit ganzem Herzen in den Lobpreis des unendlich liebenden Gottes einzustimmen vermögen. Sein liebender Blick würde weiter auf uns ruhen und uns zuraunen: “Dieser Schönheit und Gnade sollt ihr entsprechen! Ich werde darüber wachen und euch in allem beistehen.”

Doch: Wie sehr und wie oft verirrt sich leider unsere Seele und sucht nicht auf den rechten Weiden nach guter Nahrung! Wie leicht läßt sie sich beeinflußen oder gar betören und auf falsche Pfade locken! Wie leicht verliert sie das Wesentliche aus den Augen und vergeudet ihre Zeit mit unnützen Dingen! Noch schlimmer ist es, wenn sie in die Netze der Sünde gerät und nicht mehr aufsteht, wenn sie gefallen ist.

Schlimm ist es für sie aber auch, wenn sie sieht, daß ihr Glaube in der heutigen Welt in Frage gestellt wird und sie sich selbst in der Kirche nicht mehr geborgen weiß.

All das hat der Wächter unserer Seele im Blick, der auch der Wächter der Kirche ist. Wenn er auch keine Gewalt anwendet, so tut er doch alles, damit die Seele nicht in die Irre geht. Schon im Neuen Testament hören wir, daß er z.B. den Aposteln nicht erlaubte, ein bestimmtes Gebiet zu betreten, weil die Vorsehung Gottes es anders geplant hatte (vgl. Apg 16,6-10).

So stellt sich uns der Heilige Geist auch in den Weg, wenn wir Gefahr laufen, den falschen Weg zu wählen. Seine mahnende Stimme wird uns innerlich ansprechen, und manches Mal wird er uns daran hindern und nicht zulassen, daß wir falsche Wege einschlagen.

Unser göttlicher Wächter “schläft und schlummert nicht” (Ps 121,4) und richtet sein liebendes Auge immer auf uns. Die feinsten Regungen unserer Seele entgehen ihm nicht und werden vor den Richterstuhl der Liebe gebracht. Er begnügt sich nicht damit, daß wir nur grob vermeiden, gegen die Liebe zu handeln – das ist nicht das Ziel! Er wacht darüber, daß wir uns mit dem Willen Gottes vereinen, damit wir unseren Vater verherrlichen und unser Ziel erreichen.

Der Heilige Geist hilft uns also, nicht in die Irre zu gehen, indem er uns beisteht und mit uns die Hindernisse aus dem Weg räumt, damit sich unsere Bestimmung und damit unsere Berufung erfüllt. Wenn wir es ihm erlauben, unser Leben zu bestimmen, durchdringt er mit genauer Kenntnis alle Bereiche unseres Seins und scheidet Licht von Finsternis.

Insbesondere wacht der Heilige Geist über unser geistliches Leben, damit wir es nicht verkümmern lassen, und mahnt uns, weder das Gebet noch andere geistliche Übungen zu vernachlässigen.

Wenn wir gut auf den Wächter unserer Seele achten, dann wird er uns sicher durch die Zeit führen, besonders dann, wenn sich, wie in unserer Zeit, die gottfeindlichen Mächte immer mehr “verbünden gegen den Herrn und seinen Gesalbten” (Ps 2,2).

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