Keiner täusche sich selbst!

Download PDF

1 Kor 3,18 -21

Keiner täusche sich selbst. Wenn einer unter euch meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott. In der Schrift steht nämlich: Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List. Und an einer anderen Stelle: Der Herr kennt die Gedanken der Weisen; er weiß, sie sind nichtig. Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen. Denn alles gehört euch; Paulus, Apollos, Kephas, Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft: alles gehört euch; ihr aber gehört Christus und Christus gehört Gott.

In den ersten Worten dieser kurzen Lesung vom Heiligen Paulus steht ein bedeutsames Wort, mit dem er seine weiteren Betrachtungen einleitet: “Keiner täusche sich selbst!” Das ist ein sehr wichtiges Thema für den geistlichen Weg!

Schauen wir weiter auf den Text: “Der Herr kennt die Gedanken der Weisen; er weiß, sie sind nichtig!” Diejenigen also, die sich für klug oder weise halten und sich anderen Menschen überlegen fühlen, sind in Illusionen über sich selbst gefangen und ein Opfer des Eigendünkels geworden – sie überheben sich über andere! Sie sind in Gefahr, sich an ihren eigenen Gedankengängen zu berauschen, und sie meinen, umso klüger zu sein, je komplizierter (was sie häufig mit differenziert verwechseln) sie sich auszudrücken vermögen. Sie bauen sich mit ihrer zweifelhaften Klugheit einen Scheinwert von sich selbst auf und denken, darin ihre Größe zu entdecken!

Welch große Selbsttäuschung, der man ein ganzes Leben lang unterliegen kann!

Allerdings gibt es die Selbsttäuschung nicht nur in diesem Bereich, sondern sie ist ein Übel, dem nicht wenige Menschen in verschiedenen Bereichen erliegen! Dies berührt das oft angesprochene Thema der Selbsterkenntnis, die demütige Wahrnehmung eigener Schuld, Fehler und Begrenzungen vor einem liebenden und barmherzigen Gott!

Gerade die Betonung: vor einem liebenden und barmherzigen Gott, ist in diesem Zusammenhang wichtig. Denn nicht selten besteht ein falsches, verzerrtes oder auch unvollständiges Bild von Gott, so daß der Mensch nicht wagt, sich in seinen ganzen Tiefen zu öffnen, seine Schatten wahrzunehmen und zu Gott zu tragen.

Stattdessen ist er in Gefahr, die Schatten zu verdrängen und in einem Bild zu leben, wie er vielleicht sein möchte oder sich vorstellt, daß er ist. Das bewirkt jedoch etwas Künstliches und Gezwungenes in seinem Wesen, und er lebt in einer Form von Selbsttäuschung! Diese kann sich immer mehr verfestigen, und wenn man nicht den Weg aus ihr heraus findet, dann fehlt ein gesunder Realismus und somit eine gesunde Selbsteinschätzung. Leicht wird einsichtig, daß man dann auch andere Menschen kaum richtig einschätzen kann und dazu neigt, sie zu idealisieren oder auch, sie leicht fallen zu lassen und zu verurteilen, wenn sie nicht dem Ideal entsprechen.

Selbsttäuschungen aller Art können sich jedoch durch das Wirken des Heiligen Geistes auflösen; wir können Gott bitten, daß wir lernen, uns in seinem Licht wahrzunehmen! Gerade die Einladung, uns Gott ohne Furcht und Selbstverstellung zu nähern, ist ein Weg aus der Selbstbefangenheit heraus und somit auch eine Öffnung, um Illusionen über uns überwinden zu können.

Wahre Weisheit gewinnen wir, wenn wir lernen, alles aus der Perspektive Gottes zu betrachten, alles von ihm zu empfangen, weder uns noch andere zu idealisieren, zu wagen, einfach nur ein Kind Gottes zu sein und mit Blick auf Ihn diese Welt und uns selbst zu verstehen!

Ich möchte hier sehr auf die Hilfe des Heiligen Geistes verweisen, denn es kann gut sein, daß unsere erste Reaktion sein wird: Ich weiß nicht, ob ich in Selbsttäuschung lebe. Vielleicht erschrecken wir sogar bei dem Gedanken, daß es so sein könnte.

In der Schrift heißt es: “Wer erkennt seine eigenen Fehler?” (Ps 19,13) Wir sind also oft blind gegenüber uns selbst. Doch der Heilige Geist kennt uns, und er wird uns in unendlicher Geduld aus jeder Selbstbefangenheit und Illusion über uns selbst herausführen, wenn wir ihn darum bitten und es ihm erlauben. Er wird Stück für Stück falsche Bilder von uns selbst abtragen, bis wir uns immer mehr dem nähern, wie der Herr uns gedacht hat. Das bedeutet eine große Freiheit, denn wir werden erkennen daß all das Gute in uns von Gott kommt.

Für diejenigen die Englisch oder Spanisch verstehen: In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Vortrag in meinen Kanal in YouTube aufmerksam machen. In diesem habe ich das so wichtige Thema der Selbsterkenntnis behandelt, damit unser geistlicher Weg eine gesunde Grundlage hat: