Grundlagen des geistlichen Lebens (Teil 2)

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Ein Hinweis: in diesen Tagen behandeln wir ein Thema des geistlichen Weges. Wer es allerdings vorzieht, eine Betrachtung über die Lesung des Tages zu hören (Gal 2,1-2; 7-14) kann dies unter folgenden Link tun:

Die gestrige Betrachtung haben wir mit den Worten des Herrn abgeschlossen:

“Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!” (Mt 5,48)

Um den Weg der inneren Umwandlung durch Gott besser zu verstehen, schauen wir zunächst noch einmal weit zurück und betrachten den Zustand des paradiesischen Menschen und die Folgen des Sündenfalls für Geist und Seele des Menschen.

Wir hören durch das Zeugnis der Heiligen Schrift, daß der Mensch im Paradies in einem innigen und ungestörten Verhältnis mit Gott gelebt hat. Nach dem Sündenfall jedoch erfuhr er als Abbild Gottes einen tiefen Einbruch. Lebte er zuvor in Unversehrtheit, sowohl in der natürlichen als auch übernatürlichen Dimension des Seins, verlor er als Folge der Sünde das übernatürliche Licht, mit dem er Gott zuvor schauen konnte. Auch seine natürlichen Seelenkräfte waren davon betroffen: Der Verstand wurde verdunkelt und der Wille geschwächt. War der Mensch vorher »Herr im eigenen Haus« – d.h. seine Geisteskräfte dominierten seine Leidenschaften und Antriebe – so unterlag er nun häufig seinen ungeordneten Leidenschaften. Selbst ein so glaubwürdiger und heiliger Zeuge wie der Apostel Paulus beklagte diesen Zustand (Röm 7,19.23).

Im Menschen spiegelt sich sozusagen das kosmische Drama wider. Ein Teil der Engel hatte sich gegen Gott erhoben, wollte den Menschen nun in diese Auflehnung hineinziehen und verführte ihn zum Sündenfall. So erhob sich ein Teil der Schöpfung gegen ihren Schöpfer, was eine kosmische Unordnung bewirkte. Um es anders auszudrücken: die, die von Natur aus niedrigeren Ranges und zum liebenden Dienst an Gott bestimmt waren – nämlich die Engel und Menschen -, wollten selbst wie Gott sein und herrschen.

Dasselbe geschah auch in unserem Inneren: unsere Leidenschaften und sinnlichen Antriebe gehorchen nicht mehr selbstverständlich den Befehlen unseres Willens und Geistes, sondern befinden sich im Aufruhr.

Der geistliche Weg mit der Umwandlung des Menschen durch den Geist Gottes schenkt uns nun die Entfaltung der Taufgnade. Durch die Taufe wurde uns das Licht des Glaubens eingesenkt, wenn auch nicht die volle Anschauung Gottes, die uns erst in der Ewigkeit erwartet. Ebenso werden wir durch den Geist Gottes gestärkt, um mit seiner Hilfe weitgehend wieder die Herrschaft über uns selbst zurückzugewinnen.

Das ursprüngliche Bild, nach dem wir durch Gottes Willen geschaffen sind, wird also auf dem geistlichen Weg wiederhergestellt. Und mehr noch: Dank des Erlösungshandelns Jesu Christi, des Sohnes Gottes, können wir mit Gott noch tiefer vereint werden, als dies im paradiesischen Zustand möglich war. So stellt also Gott in seiner Liebe nicht nur alles wieder her, sondern nimmt den gefallenen Menschen in seine Herrlichkeit auf, wenn er durch die Vergebung der Sünden und seine Heiligung das Hochzeitskleid trägt, welches ihn für das »Hochzeitsmahl des Lammes« (Apk 19,9) bereit macht! Diese Herrlichkeit Gottes beginnen wir bereits auf der Erde zu verkosten, wenn wir Gott auch im Vergleich zur Ewigkeit, in der wir ihn schauen von Angesicht zu Angesicht, jetzt nur wie durch einen dunklen Spiegel sehen (1 Kor 13,12).

Doch haben wir einen Weg zurückzulegen, den uns Gott führen wird…

Die erste Bekehrung

Solange unser Leben noch im Widerspruch zu den Geboten Gottes steht, ruft uns Gott zunächst zur »ersten Bekehrung«, zur Begegnung mit ihm, dem lebendigen Gott, und in die Grundordnung der Gebote. Antworten wir auf diesen Ruf mit dem Glauben an Jesus Christus und mit der Annahme seiner Gnade, dann vertrauen wir uns Gott an und kehren uns ernsthaft vom sündigen Leben ab, und Gottes Gnade zieht uns, ein neues Leben zu beginnen. Das bedarf einer grundsätzlichen Entscheidung. Der Mensch kehrt aus einem »Leben der Zerstreutheit« zu Gott zurück. Er läßt ein Leben der Gleichgültigkeit und Gottesferne zurück und tritt in ein Leben der Gottesnähe ein.

Er beginnt Gott mit seinem Willen zu lieben, häufig schenkt Gott auch gefühlsmäßig seine Nähe. Alles findet nun einen Bezug zu Gott und er versucht sich mit seiner Hilfe aus einer Herrschaft der Dinge und der Leidenschaften über ihn zu lösen. Die Lesung der Heiligen Schrift, geistliche Literatur, das Leben der Heiligen, das innige Gebet, Freude an den religiösen Zeremonien und an allem, was den Glauben anbelangt, der Empfang der Sakramente und ein ernstliches Streben nach Heiligkeit und nach den Tugenden beginnt bereits. Oft sind Menschen, die eine Bekehrung erlebt haben sehr eifrig und tragen ein großes Feuer in sich.

In der ersten Bekehrung ruft uns Gottes Liebe aus einem Leben der Gottesferne in seine Nähe; sie erweckt uns aus einem Leben der Verwirrung und Sünde, der Lauheit und Gleichgültigkeit für einen entschiedenen Weg der Nachfolge Christi.

Folgen wir den Anregungen seiner Liebe, dann entsteht daraus der so wertvolle Beginn des geistlichen Weges. Gott zieht uns an sich und wir antworten darauf.

Wer einmal intensiv den Weg des Glaubens beschritten hat und zur Erkenntnis Jesu gelangt ist, der weiß, wer es ist, der ihn gerufen hat und wem er folgt. Bleibt er Gott treu, dann schließt sich dem Weg der ersten Bekehrung der Weg zur zweiten Bekehrung an.

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