2 Kor 4,1-2.5-7 – Lesung am Gedenktag des Heiligen Gregor der Große
Brüder! Unser Eifer erlahmt nicht in dem Dienst, der uns durch Gottes Erbarmen übertragen wurde. Wir haben uns von aller schimpflichen Arglist losgesagt; wir handeln nicht hinterhältig und verfälschen das Wort Gottes nicht, sondern lehren offen die Wahrheit. So empfehlen wir uns vor dem Angesicht Gottes jedem menschlichen Gewissen. Wir verkündigen nämlich nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi. Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen; so wird deutlich, daß das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt.
Wenn wir über die Mission sprechen, das Evangelium zu verkünden, betrachten wir es als einen Auftrag Gottes. Gerne spricht man auch vom sog. Missionsbefehl (Mt 28,28). Heute hören wir noch einen anderen Begriff, der uns einlädt, über die uns anvertraute Sendung nachzudenken. Paulus spricht von einem “Dienst, der uns durch Gottes Erbarmen übertragen wurde”. Der Apostel hat bei diesem Wort sicher seine eigene Bekehrung und die besonderen Umstände seiner Berufung durch den erhöhten Herrn vor Augen (s. Apg 9). Er begreift daher, wie sehr sich Gott seiner erbarmte, daß er von seiner Blindheit befreit wurde, in der er die Christen verfolgte und dann einen solch wahrhaftigen Dienst übertragen bekam.
Doch brauchen wir nicht allein das Leben des Heiligen Paulus zu betrachten, um den Begriff des Erbarmens im Zusammenhang mit der Mission zu verstehen. Hier im Text wird uns aufgezeigt, daß in der Erfüllung des Auftrags, das Evangelium zu verkünden, seine Barmherzigkeit wirksam wird. Wir werden nicht nur Diener seiner Barmherzigkeit, die wir durch unser Leben und unser Wort zu den Menschen tragen, sondern der Ruf selbst entspringt schon dem Erbarmen Gottes.
Tatsächlich sind wir ja sehr schwache Menschen und von uns aus gar nicht fähig, das Evangelium in rechter Weise zu verkünden. Wie viele Verfälschungen und Eigeninteressen würde die Verkündigung erleiden, wenn nicht das Licht Gottes uns erleuchten würde. Schon für die Annahme des Evangeliums braucht es Gottes Gnade und erst recht, um dem Evangelium treu zu bleiben. Gott aber vertraut uns diesen großen Schatz trotz unserer zerbrechlichen menschlichen Natur an und nimmt diese sogar in den Dienst.
Mit einem so hohen Auftrag möchte der Herr uns beehren und zu Mitarbeitern seiner Liebe machen. Somit erweckt er uns zu unserer tiefsten Bestimmung auf Erden und läßt sie nicht in uns brachliegen. Was kann es für uns armselige und begrenzte Geschöpfe Höheres geben, als Gott zu dienen? Erbarmt er sich nicht unserer Unwürdigkeit und Unfähigkeit und erhöht uns in einem solchen Dienst? “Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut” (Lk 1,48), pries die Gottesmutter Maria den Herrn, als sie sich ihrer einzigartigen Berufung bewußt wurde.
Aus Erbarmen ruft Gott sein begrenztes Geschöpf, nicht nur Empfänger seiner Güte zu sein, sondern diese seine Güte auch anderen Menschen bekannt zu machen. Wenn wir das verstehen und somit unsere tiefe Sehnsucht, für etwas in unserem Leben gut und fruchtbar zu sein, eine Antwort bekommt, dann wird unser Herz von Dankbarkeit erfüllt und unser Eifer wird im Dienst für Gott nicht erlahmen. Wir schauen dann nicht auf die Mühen des Dienstes und halten uns nicht an der Zerbrechlichkeit unserer irdischen Gefäße (vgl. 2 Kor 4,7) auf, sondern möchten immer diesem Erbarmen Gottes entsprechen. Es würde uns das Herz zerreißen, wenn wir durch eigene Nachlässigkeit und Schuld unsere Aufgabe nicht mehr erfüllen würden, und es würde uns zutiefst beschämen, wenn wir aufgrund von Menschenfurcht nicht mehr offen die Wahrheit verkündeten.
So schließt uns der Begriff des Erbarmens Gottes in Bezug auf die Berufung zur Verkündigung des Evangeliums noch eine weitere Dimension der Liebe Gottes auf: In allem sind wir Kinder seines Erbarmens. Nichts hat Gott ausgelassen, um seine Kinder zu ehren und sie zu erhöhen. Es übertrifft alle Vorstellungen, daß Er uns am innersten Verlangen seines Herzens, seine Kinder nach Hause zu rufen und ihnen die Erlösung in Christus zu verkünden, teilhaben läßt. Nur das unendliche Erbarmen Gottes kann uns diese Wirklichkeit gültig erschließen.