“Gib alles mir, was mich fördert zu Dir” – heißt es im zweiten Teil des bekannten Gebetes von Bruder Klaus.
In der mystischen Theologie wird dieser Abschnitt des geistlichen Weges als »Weg der Erleuchtung« bezeichnet. Damit ist gemeint, daß wir – nach der Phase intensiver Reinigungsprozesse – Gott besser erkennen können. Den aktiven Teil dieser Reinigung haben wir bereits ausführlicher betrachtet; was mit der »passiven Reinigung« gemeint ist, werden wir später erläutern.
Jetzt spricht die Heilige Schrift intensiver zu uns, die Gebetsweise verändert sich, wir bekommen mehr Licht für unseren Weg der Nachfolge.
Zunächst wird also der Weg der Nachfolge des Herrn einfacher. Vielleicht lesen wir manchmal mit Schrecken, was Heilige so alles erlebt haben und lassen uns davon einschüchtern. Es kann sogar geschehen, daß man entmutigt wird, den Weg überhaupt weiterzugehen, weil man denkt, dies alles sei nicht zu ertragen. Vielleicht erreicht uns manchmal entsprechende Literatur zu einem falschen Zeitpunkt, an dem es nicht angebracht ist, über schwerste Leiden von Heiligen oder von den Qualen der Märtyrer, womöglich bis in alle Einzelheiten, zu lesen. Doch wissen wir ja gar nicht, wie die Märtyrer es innerlich erlebt haben, wie intensiv sie von der Gnade Gottes berührt und vielleicht in besonderer Weise mit dem Geist der Stärke beschenkt wurden! Lassen wir uns also nicht erschrecken! Der Herr läßt jeden nur das Kreuz tragen, für das er auch die Gnade schenkt.
Warum wird der Weg der Nachfolge einfacher, auch wenn er von außen betrachtet immer schwerer zu werden scheint? Weil wir in der Liebe wachsen und das Ziel des geistlichen Weges die vollkommene Liebesvereinigung mit Gott ist.
All die Reinigungsprozesse dienen dazu, das zu überwinden, was uns hindert zu Gott – anders ausgedrückt, was unsere Antwort der Liebe auf Gottes Liebe mindert oder gar blockiert. Das sind falsche Anhänglichkeiten an die Welt, die ungeordnete Selbstliebe, unsere zahlreichen Verstrickungen usw. Darum können wir für jede Reinigung dankbar sein: für die, an denen wir mit der Gnade Gottes mitwirken und für jene, die Gott zuläßt, damit wir noch empfänglicher werden für seine Liebe und uns von Götzen aller Art abwenden.
Mit dem Tugendstreben und den Werken der Barmherzigkeit, mit der Treue zur rechten Lehre, mit dem Fasten und mit dem Ertragen von Widrigkeiten haben wir bereits Dinge angesprochen, die uns zum Herrn hin fördern, denn all das sind Bemühungen um die Liebe, zu denen uns der Heilige Geist anregt.
Einen besonderen Platz nimmt dabei das Gebet ein, und ich betone zunächst: das regelmäßige Gebet. Ohne Gebet gibt es kein geistliches Leben. Wird es vernachlässigt, werden wir bald den Versuchungen erliegen. Gibt man es ganz auf, dann stirbt das übernatürliche Leben in uns.
Heute geht es mir also darum, die Wichtigkeit des regelmäßigen Gebetes zu betonen, d.h. daß wir feste Gebetszeiten einrichten und auch einhalten sollten. Wahrscheinlich tun das bereits viele von Euch! Der Rosenkranz sollte immer dabei sein, doch liegt es mir daran zu unterstreichen, warum ein regelmäßiges Gebet von so großer Bedeutung ist.
Es ist bekannt, daß z.B. Mönche einen festen Lebens- und Gebetsrhythmus haben. Das gehört – zusammen mit der Pünktlichkeit – zur asketischen und geistlichen Schulung.
Diese feste Gebetszeit gehört dem Herrn. Sie ist sozusagen eine Verabredung mit ihm, und er möchte auch, daß sie eingehalten wird. Gott wartet auf uns, und so werden wir Tag für Tag geformt, im Gebet das zu praktizieren, was wir anstreben: Unser Herr soll den ersten Platz in unserem Leben einnehmen. Damit dies nicht nur ein frommer Wunsch bleibt, sollten wir es mit einer geistlichen Ordnung, die wir uns geben, auch konkret einüben. Diese Ordnung gilt es zu befolgen – es sei denn, die objektiven Umstände lassen es nicht zu –, um dem geistlichen Leben Stabilität zu verleihen.
Unsere Seele soll sich an das Gebet gewöhnen, wenn man sie auch zunächst wegen ihrer Zerstreutheit und ihrer Neigung, den »wechselnden Stimmungen« nachzugeben, erziehen muß.
Auf diese Weise wird das Gebet zu etwas Objektivem, das unser Leben immer mehr prägt, auch wenn unsere täglichen Verpflichtungen es uns nicht erlauben, lange Zeiten im Gebet zu verweilen. Doch das, was wir tun können und wollen, sollte regelmäßig sein, wenn wir wachsen und das geistliche Leben fördern wollen.
Morgen werden wir noch einmal über das Gebet sprechen.
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Link zur Meditation über die Lesung von heute: https://elijamission.net/2019/03/23/
Link zur Meditation des Tagesevangeliums: https://elijamission.net/2021/03/06/