Der Brief an die Römer (Kap. 10 und 11): »Israel im Plan Gottes«      

(Kap. 10 und 11)

Wie willkommen sind die Füße der Freudenboten, die Gutes verkünden! Doch nicht alle sind dem Evangelium gehorsam geworden. Denn Jesaja sagt: Herr, wer hat unserer Kunde geglaubt? So gründet der Glaube in der Botschaft, die Botschaft aber im Wort Christi. Aber, so frage ich: Haben sie etwa nicht gehört? Ja doch: In die ganze Welt ist ihr Schall gedrungen und bis an die Enden der Erde ihre Worte. Aber ich frage: Hat etwa Israel nicht verstanden? Zunächst antwortet Mose: Ich will euch eifersüchtig machen auf ein Volk, das kein Volk ist; auf ein unverständiges Volk will ich euch zornig machen. Aber Jesaja wagt sogar zu sagen: Ich ließ mich finden von denen, die nicht nach mir suchten; ich offenbarte mich denen, die nicht nach mir fragten. Über Israel aber sagt er: Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach einem ungehorsamen und widerspenstigen Volk.” (Röm 10,15-21)

Zunächst erörtert Paulus hier den Ungehorsam Israels. Das Volk hat die Botschaft zwar empfangen, aber nicht als ganzes aufgenommen. Der Apostel zitiert die entsprechenden Prophetien der Heiligen Schrift, die sich nun vor seinen Augen erfüllt haben. Der Ungehorsam und die Widerspenstigkeit des Volkes sind aus vielen Berichten des Alten Testaments und aus den Klagen der Propheten bekannt. In der Begegnung mit dem Messias setzten sie sich fort.

Paulus spricht hier den Gedanken aus, daß der Herr die Eifersucht Israels wecken wollte, indem er die Zurückweisung durch sein Volk zuließ und andere Völker die Gnaden und Wohltaten Gottes empfingen, die dem Volk Israel nicht mehr zuteil wurden.

Paulus unterstreicht jedoch, daß Gott das Volk der Juden nicht etwa verstoßen habe (11,1). Er verweist darauf, daß er selbst ein Jude ist, und erwähnt in diesem Zusammenhang den Propheten Elija, der dachte, daß nur noch er allein übrig sei.

Herr, sie haben deine Propheten getötet und deine Altäre zerstört. Ich allein bin übriggeblieben und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. Aber was sagt ihm der Gottesspruch? Ich habe siebentausend Männer für mich übriggelassen, die ihr Knie nicht vor Baal gebeugt haben. Ebenso gibt es auch in der gegenwärtigen Zeit einen Rest, der aus Gnade erwählt ist – wenn aber aus Gnade, dann nicht mehr aufgrund von Werken, weil sonst die Gnade nicht mehr Gnade wäre.” (Röm 11,3-6)

Und tatsächlich gab es unter dem Volk der Juden solche, die zusammen mit den Aposteln den Glauben an Christus angenommen haben. Sie sind der “erwählte Rest”, an dem sich die Verheißungen Gottes erfüllt haben, während die übrigen verstockt wurden.

Paulus vermittelt nun, daß durch das Straucheln Israels für die heidnische Welt das Heil gekommen ist, um das Volk Israel eifersüchtig zu machen (V.11), und betont: “Wenn schon ihre Zurückweisung für die Welt Versöhnung bedeutet, was wird dann ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?” (V.15)

Nun entfaltet Paulus genauer, wie sehr die Heiden, die durch den Glauben an Christus den Weg des Heils finden durften, mit dem Volk des ersten Bundes verbunden sind, und beschreibt es mit dem Bild des Ölbaums. Durch den Unglauben der Israeliten sind manche Zweige herausgebrochen worden, während vom »wilden Ölbaum« – damit sind die Heidenvölker gemeint – Zweige in den »edlen Ölbaum« – die Juden – eingepfropft wurden. Um dieses Umstands willen mahnt der Apostel die Heiden, nicht überheblich zu sein. Wenn sie nämlich nicht auf den Wegen Gottes verharren, könnten sie wieder aus dem Ölbaum herausgehauen werden (V.22). Umgekehrt können auch die Juden, wenn sie den Glauben an Christus annehmen, wieder in den edlen Ölbaum eingepfropft werden (V.23).

Der Apostel unterstreicht dann, indem er die Schrift zitiert, daß ganz Israel gerettet werden soll, wenn die Vollzahl der Heiden den Weg zum Glauben an Christus gefunden hat:

Verstockung liegt auf einem Teil Israels, bis die Vollzahl der Heiden hereingekommen ist, und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: Es wird kommen aus Zion der Retter, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen. Und das ist der Bund, den ich für sie gestiftet habe, wenn ich ihre Sünden hinwegnehme.” (Röm 11,25b-27)

Paulus hält an der Hoffnung fest, daß Israel das Heil noch finden wird und sich an ihnen als ganzes Volk die ursprüngliche Berufung Gottes noch erfüllen wird, auch wenn sich dies zunächst nur beim auserwählten Rest, nämlich an den Juden, die Jesus als ihren Retter und Heiland angenommen haben, erfüllt. So entsteht die Situation, daß die Juden einerseits in Bezug auf das Evangelium Feinde sind, weil sie den Messias ablehnen und auch den Glauben an ihn verfolgen und bekämpfen. Von ihrer Berufung her sind sie aber, wie es Paulus ausdrückt, Geliebte (V.28).

Tatsächlich gilt es, beide Aspekte zu berücksichtigen. Bei manchen Juden stößt man auf Ablehnung, ja manchmal sogar auf Feindschaft. Wenn wir aber an die Väter und Propheten, an das gläubige Israel, denken, wissen wir uns mit ihnen verbunden. Umso wichtiger ist es, für Israel zu beten, daß sie ihren Messias noch erkennen und die Gnade Gottes empfangen, die für sie vorgesehen ist.

Paulus beschließt seine Überlegungen mit dem Lobpreis der Weisheit Gottes, der allein die Wege kennt, um sein erstberufenes Volk mit den Gläubigen aus allen Völkern in ihm zu vereinen:

O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! Denn wer hat die Gedanken des Herrn erkannt? Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat ihm etwas gegeben, sodaß Gott ihm etwas zurückgeben müßte? Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.” (Röm 11, 33-36)

Betrachtung zur Tageslesung: https://elijamission.net/fest-des-unbefleckten-herzen-mariens/#more-11993

Betrachtung zum Tagesevangelium: https://elijamission.net/das-herz-mariens-2/#more-14457

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