Im traditionellen Kalender des Vetus Ordo wird heute der Gedenktag des Heiligen Einsiedlers Paulus begangen. Wir werden die dafür vorgesehene Lesung betrachten. Sollte es jemand vorziehen, die Meditation nach der Leseordnung des Novus Ordo zu halten, findet man sie unter folgendem Link: https://elijamission.net/2021/01/18/
Phil 3,7-12
Was mir ein Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten. Ja noch mehr: Ich halte dafür, daß alles Verlust ist, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles überragt. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm erfunden zu werden. Nicht meine Gerechtigkeit will ich haben, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott schenkt aufgrund des Glaubens. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht daß ich es schon erreicht hätte oder daß ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder, ich bilde mir nicht ein, daß ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.
Selig kann sich preisen, wer diese Worte des Heiligen Apostels Paulus auch auf sein eigenes Leben anwenden kann.
Ein solcher Mann war der heilige Einsiedler Paulus, der während der Christenverfolgung des Kaisers Decius im 4. Jahrhundert als 16-Jähriger in die Wüste Thebais in Ägypten geflohen ist. Als erster Einsiedler stand er in hohem Ansehen und starb mit 113 Jahren. Der heilige Wüstenvater Antonius sah in einer Verzückung, wie die Seele von Paulus, umgeben von den Scharen der Apostel und Propheten, von Engeln in den Himmel getragen wurde. Mit eigenen Händen hat Antonius seinen Leib dann begraben.
Was haben solche Einsiedler uns zu sagen?
Sie sind leuchtende Zeichen für das, was das Wichtigste im Leben ist, nämlich in innigster Gemeinschaft mit Christus zu stehen und ihm nichts vorzuziehen. Noch deutlicher ist es in der heutigen Lesung vom Apostel Paulus ausgesprochen: “Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles überragt”. Hieraus spricht sowohl ein tiefer Glaube, als auch eine innere Erfahrung, die jeder Einsiedler machen wird. Da ihr Leben ganz auf Christus ausgerichtet ist, nehmen sie auch alles »in die Gefangenschaft Christi«. Das bedeutet, auch die Gedanken zu ordnen und freiwillig nur jenen Gedanken Raum zu geben, die zu Gott führen und mit ihm vereinbar sind. Es ist die Liebe, die sie dazu drängt, denn in der Einsamkeit erkennen sie, was sie alles von der innigen Beziehung zu Gott ablenken kann. Sie werden ihren Gedanken nicht einfach erlauben, daß sie abschweifen und werden sich nicht mit Dingen beschäftigen, die unnütz sind und ihre Seele schwächen. (Wer das Thema »Askese der Gedanken« vertiefen möchte, kann dies mit folgendem Vortrag tun: https://www.youtube.com/watch?v=C5hDHPZib5Y)
Es gibt sehr gute Literatur darüber, wie die Wüstenväter ihr Leben verbracht haben, welche Kämpfe sie durchzustehen hatten und wie schließlich das Herz auf diesem inneren Weg der Nachfolge des Herrn immer reiner wurde. Dazu gehört, wie bereits erwähnt, die Gedankenaskese. Dabei ist es wichtig, sich nicht irgendwelchen Phantasien hinzugeben, um nicht in einer »selbstgemachten Einbildungswelt« zu leben, also in Träumen. Deshalb sprechen die Väter in diesem Zusammenhang von Hirngespinsten, die es zu vermeiden gilt.
Ein echtes Einsiedlerleben ist wie ein Erwachen zu der liebenden Wirklichkeit Gottes, die uns alle umgibt. Unser ganzes Leben mit all seinen Umständen ist darauf hingerichtet, wie es uns der heilige Paulus so trefflich beschreibt: “Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist.”
Das Leben eines Einsiedlers bringt große Frucht für die Welt. Mit ihren im Herrn siegreichen Kämpfen gegen alle Arten von Versuchungen schwächen sie die Kraft des Bösen, und durch ein kontinuierliches Wachsen in der Liebe vermag das Licht des Herrn stärker die Finsternis dieser Welt zu durchdringen. Sicher verstehen sie in diesem Sinne ihr Leben als einen Akt der unbedingten Liebe zu Gott und gleichzeitig als einen Akt tiefgehender Nächstenliebe.
Was können wir für uns mitnehmen, die wir dem Herrn in anderen Lebensumständen nachfolgen?
In unserem Leben bedarf es derselben Unbedingtheit, den Herrn an die erste Stelle zu setzen. Nur so kommt eine geistliche Ordnung zustande, die unser Leben vom Wesentlichen her gestaltet. Es darf nicht so sein, daß wir uns sozusagen ganz in das Leben dieser Welt verstricken und dann nebenbei auch noch an Gott denken, sondern unser Leben soll sich vom Herrn her gestalten und von ihm durchformt werden.
Auch mahnt uns der biblische Text und die Existenz der Einsiedler, uns von den Dingen dieser Welt nicht so ablenken zu lassen, daß wir den Blick auf den Herrn verlieren. Es gehört zur geistlichen Klugheit, den Umgang mit den Medien sehr zu beschränken, damit sie dienen und nicht zur Quelle von Versuchungen und Ablenkungen werden. Wenn wir zu sehr in der Welt der Medien leben, dann befinden wir uns in einer virtuellen Welt, stehen nicht im richtigen natürlichen Leben und erst recht nicht in der Prägung durch ein geistliches Leben.
Wir sollten von den Einsiedlern in der Wüste lernen, wie man fruchtbar betet, denn dies ist nicht nur im allgemeinen Sinne für unser Leben ungemein wichtig, sondern besonders in dieser schwierigen Situation, in der sich die Welt und leider auch die Kirche befindet.
Darauf werde ich übermorgen noch genauer eingehen, wenn sowohl im Vetus als auch im Novus Ordo der heilige Einsiedler Antonius gefeiert wird.