Jesus sagte zu den Juden, die zum Glauben an ihn gekommen waren: Ich weiß, daß ihr Nachkommen Abrahams seid. Doch ihr sucht mich zu töten, weil mein Wort in euch keine Aufnahme findet. Ich sage, was ich beim Vater gesehen habe, und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt. Sie antworteten ihm: Unser Vater ist Abraham. Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr Kinder Abrahams wärt, würdet ihr die Werke Abrahams tun. Jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit verkündet hat, die ich von Gott gehört habe. So hat Abraham nicht gehandelt. Ihr vollbringt die Werke eures Vaters. Sie entgegneten ihm: Wir stammen nicht aus Unzucht, sondern wir haben nur den einen Vater: Gott. Jesus sagte zu ihnen: Wenn Gott euer Vater wäre, würdet ihr mich lieben; denn von Gott bin ich ausgegangen und gekommen. Ich bin nicht von mir aus gekommen, sondern er hat mich gesandt. Warum versteht ihr nicht, was ich sage? Weil ihr nicht imstande seid, mein Wort zu hören. Ihr habt den Teufel zum Vater und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt. Er war ein Mörder von Anfang an. Und er steht nicht in der Wahrheit; denn es ist keine Wahrheit in ihm. Wenn er lügt, sagt er das, was aus ihm selbst kommt; denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge. Mir aber glaubt ihr nicht, weil ich die Wahrheit sage. Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht? Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes; ihr hört sie deshalb nicht, weil ihr nicht aus Gott seid.
In seiner Auseinandersetzung mit den Juden, die sich ihm widersetzten, ließ Jesus keinen Zweifel aufkommen, woher dieser Widerstand oder, genauer gesagt, diese Verstocktheit kommt. Das Wort, das er in Übereinstimmung und im Auftrag des Vaters spricht, findet bei ihnen kein Gehör. Sie haben einen anderen Vater, auch wenn sie sich auf Abraham als ihren Vater berufen wollen. Der Widerspruch zwischen ihnen und Jesus ist offensichtlich und er benennt ihn: “Ich sage, was ich beim Vater gesehen habe, und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt.”
Der Vater derer, die Jesus töten wollen, ist der Teufel. Er ist es, der es ihnen eingibt, und auf ihn hören sie. All ihre Verteidigungen sind nutzlos, denn ihre bösen Absichten und die später vollzogene Tat der Kreuzigung bezeugen, wer sie zu ihrem Verbrechen am Sohn Gottes angestiftet hat. In der Gegenwart Jesu kann sich die Bosheit nicht mehr verbergen. Wer der Wahrheit begegnet, wird sich ihr entweder öffnen und auf das »Ziehen« des himmlischen Vaters antworten, weil Gott in ihm wirken kann, oder er wird sich verschließen und im schlimmsten Fall zum Feind werden.
Wenn wir auch den menschlichen Anteil, der zu einer solchen Verstockung führt, ganz einbeziehen müssen, können wir im Falle Jesu seiner Interpretation unmittelbar folgen. Ihre Mordabsichten werden von dem inspiriert, der der “Lügner” und “Mörder von Anfang an” ist.
Jesus weist hier auf den gefallenen Engel und sein Gefolge hin, die in ihrer Verblendung und ihrem Haß die Werke Gottes zerstören und sich selbst an die Stelle des Allmächtigen setzen wollen. Dieses Vorhaben haben sie nie aufgegeben, und bis heute wirken diese Mächte der Finsternis, verfolgen die Menschen mit ihrem Neid und verführen sie, sich gegen Gott aufzulehnen. Sie bedienen sich gern der schlechten Neigungen der Menschen, verstärken sie und machen sie sich für ihre Zwecke dienstbar. Man kann das im heutigen Abschnitt aus dem Johannesevangelium gut wahrnehmen.
Warum waren denn die Juden darauf aus, Jesus zu töten? Der Herr beantwortet uns diese Frage: “Jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit verkündet hat, die ich von Gott gehört habe.”
Das ist der Kern ihrer Feindschaft. Sie richtet sich gegen die Wahrheit und ist somit eine Feindschaft gegen Gott. In ihrer vollen Ausprägung ist diese Feindschaft in dem gefallenen Engel wirksam, der sich trotz seiner Gotteserkenntnis gegen den himmlischen Vater gestellt hat. In ihm haben sich Haß, Lüge und Mord gleichsam manifestiert und wirken »in Reinformat«. Öffnet sich der Mensch ihrem Wirken, so werden all die schlechten Neigungen, die in ihm sind, verstärkt und verfestigen sich im schlimmsten Fall in ihm so sehr, daß er zum Spielball der dunklen Kräfte wird, ihnen nicht mehr widerstehen kann und irgendwann vielleicht auch nicht mehr widerstehen will.
Es kommt zu einer abartigen Vereinigung mit dem Bösen, zu einer Art Vater-Sohn-Beziehung, die eine perverse Parodie auf die Vereinigung des Menschen mit Gott darstellt.
Jesus bringt das auf einfache Weise ans Licht: Wären diese Juden tatsächlich Kinder Abrahams, so würden sie auf ihn hören, denn Abraham zeichnete sich besonders durch seinen Gehorsam gegenüber Gott aus. Da sich aber im Kommen Jesu Gott offenbart, dem Abraham gehorsam war, würden wahre Kinder Abrahams ihn lieben und nicht töten wollen.
Jesus stellt noch einmal klar: “Warum versteht ihr nicht, was ich sage? Weil ihr nicht imstande seid, mein Wort zu hören. Ihr habt den Teufel zum Vater und ihr wollt das tun, wonach es euren Vater verlangt”.
Das ist die tragische Situation in der Begegnung mit den feindseligen Juden. Der Teufel hat in ihrem Leben schon Terrain gewonnen, und wenn nun der kommt, der sie davon befreien will, dann stiftet er sie an, ihn gar zu töten, damit die Wahrheit nicht ans Licht kommt, die Wahrheit, daß mit Jesus der Messias der Juden und der ganzen Menschheit gekommen ist.
Bis heute gibt es nicht wenige Juden, die Jesus immer noch nicht erkennen, und der Teufel versucht weiterhin, sie davon abzuhalten. Der Apostel Paulus sagt: “Wenn schon ihre [der Juden] Zurückweisung für die Welt Versöhnung bedeutet, was wird dann ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?” (Röm 11,15)
Dies will der Teufel bis heute verhindern.
Vade retro Satana! (Weiche, Satan!)