1 Kön 19,19-21
In jenen Tagen, als Elija vom Gottesberg Horeb weggegangen war, traf er Elischa, den Sohn Schafats. Er war gerade mit zwölf Gespannen am Pflügen und er selbst pflügte mit dem zwölften. Im Vorbeigehen warf Elija seinen Mantel über ihn. Sogleich verließ Elischa die Rinder, eilte Elija nach und bat ihn: Laß mich noch meinem Vater und meiner Mutter den Abschiedskuß geben; dann werde ich dir folgen. Elija antwortete: Geh, aber komm dann zurück! Bedenke, was ich an dir getan habe. Elischa ging von ihm weg, nahm seine zwei Rinder und schlachtete sie. Mit dem Joch der Rinder kochte er das Fleisch und setzte es den Leuten zum Essen vor. Dann stand er auf, folgte Elija und trat in seinen Dienst.
Die Berufung des Elischa und seine unmittelbare Antwort erinnern daran, wie der Herr seine Jünger berufen hat und wie sie alles zurückließen, um Jesus nachzufolgen. Während Elija es seinem Nachfolger erlaubt hat, von seiner Familie Abschied zu nehmen, betont Jesus noch mehr die Bedeutung einer solchen Berufung, die von Anfang an nur noch das Reich Gottes im Blick hat:
“Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist nicht geschickt zum Reich Gottes” (Lk 9,62)
“Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert” (Mt 10,37).
Es ist wichtig, die Dimension einer solchen Berufung zu verstehen, wie sie an Elischa ergangen ist. Sie richtet sich nicht etwa gegen die Familie und relativiert nicht ihre Bedeutung, die sie in der natürlichen Ordnung des Lebens einnimmt. Nein, das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, ist und bleibt selbstverständlich bestehen.
Aber eine solche Berufung gehört in die Dimension der übernatürlichen Ordnung; sie ist ein unmittelbarer Ruf in den Dienst Gottes. Um für ihn ganz frei zu sein, tritt die Pflege der natürlichen Bindungen zurück. Die Sorge um das Wohl der natürlichen Familie verwandelt sich in eine universale Sorge um die Anliegen des Reiches Gottes.
Wenn ein solcher Ruf an einen Menschen ergeht, ist das ein großer Liebesbeweis Gottes, und wir können davon ausgehen, daß dieser Ruf immer auch ein Segen für die natürliche Familie ist, auch wenn das oft nicht verstanden wird.
In diesem Zusammenhang einer besonderen Berufung ist auch der Zölibat der katholischen Priester zu verstehen. Ihr Leben vergegenwärtigt das Leben des Gottessohnes, der keine eheliche Bindung eingegangen ist. Es gäbe viele Aspekte einer solchen Lebensform zu betrachten, um ihren Wert besser zu verstehen. Im Kontext der heutigen Lesung geht es aber besonders darum, den Charakter des Rufes zu betrachten, der aus dem sonst dominierenden Lebenszusammenhang herausführt.
In der Nachfolge des Herrn gilt es für jeden Christen, seine Gewohnheiten und sein Denken zu ändern. Wie der heilige Paulus uns lehrt, sollen wir trachten nach dem, was oben ist (vgl. Kol 3,2)! Gilt dies schon für den Christen in der Welt, der naturgemäß viel mehr mit den alltäglichen Gegebenheiten des Lebens im Geiste Christi zu tun hat, so gilt es umso mehr für diejenigen, die herausgerufen und von manchen irdischen Lasten befreit worden sind.
Es wäre paradox, die Welt um Jesu willen zu verlassen und sich dann freiwillig mit den irdischen Dingen in einer Weise zu beschäftigen, die das Herz bindet!
Menschen, an die der besondere Ruf der Nachfolge Christi ergangen ist, sollten das Wort des Propheten Elija in sich tragen: “Bedenke, was ich an dir getan habe!”, denn auch ihnen wurde »der Mantel des Propheten übergeworfen« und sie haben an der prophetischen Berufung einen besonderen Anteil.
“Bedenke, was ich an dir getan habe!”
Weiter könnte es heißen: “Verstehe diesen Ruf als einen besonderen Ruf der Liebe, der dich in die Verantwortung ruft, ihm zu entsprechen! Binde Dich deshalb nur an mich, damit ich dich senden kann, damit ich in dir leben kann, damit du zum Segen für andere wirst!”