Als Alternative zu der folgenden thematischen Reflexion empfehle ich aus meinem Archiv die biblische Betrachtung der Tageslesung am Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria unter folgendem Link:
“Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker.” (Jes 60,2)
Wir dürfen die Augen nicht verschließen vor der großen Finsternis, die das Leben der Völker verdunkelt. Wenn wir uns auch nicht von ihr verschlingen lassen dürfen und uns ständig mit ihr beschäftigen sollten, so wäre es dennoch falsch, sie zu übersehen oder gar ignorieren zu wollen.
Um mit der gegebenen Situation in der Welt richtig umgehen zu können, bedarf es einer rechten Wahrnehmung der Dunkelheit. Mit einer solchen Wahrnehmung muß eine gläubige Offenheit verbunden sein, mit dem Eingreifen Gottes nicht nur zu rechnen, sondern Gott auch mitten in der Finsternis am Werk zu sehen und darauf zu vertrauen, daß unser Vater alles nach seinem Willen ordnen wird.
Als ein »Dunkel, das die Völker bedeckt« (Jes 60,2) müssen wir den großen Glaubensabfall in den Völkern betrachten, denen das Evangelium schon verkündet wurde. Sie waren es, die mit ihren Missionaren auf allen Kontinenten das große Werk der Glaubensverkündigung getragen haben. Heute scheint das Feuer erloschen zu sein, und der sich ausbreitende Glaubensabfall verdunkelt auch die Gesetzgebung der Völker.
Dann begegnen wir in der modernen Welt einer Gottvergessenheit ungeheuren Ausmaßes. Viele Menschen leben so, als gäbe es Gott gar nicht. Je mehr die Missionare ihre Überzeugungskraft verlieren und sich dieser Welt anpassen, umso größer wird die Finsternis.
Wenn jedoch die Begegnung mit dem lebendigen Gott nicht mehr im Mittelpunkt der Verkündigung steht und die Missionare nicht mehr davon geleitet sind, daß alle Menschen gerufen sind, den Glauben an Christus anzunehmen, dann bringen die Boten des Glaubens nicht mehr das Evangelium zu den Völkern, sondern sind stumm geworden. Die Völker erfahren dann nicht mehr “die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Heil verheißt” (Jes 52,7), sondern werden allein gelassen.
Als Folge des Glaubensabfalls und der Gottvergessenheit können wir wahrnehmen, daß das Leben des Menschen immer weniger als Geschenk Gottes verstanden wird, das ihm anvertraut ist und für das er eines Tages vor Gott Rechenschaft ablegen wird. So kommt es zu den unbegreiflichen und zahllosen Abtreibungen unschuldiger Kinder im Mutterleib, die in vielen Nationen so selbstverständlich geworden sind, daß man sich sogar ein Recht darauf machen will.
Wenn wir dann noch die zahlreichen Ungerechtigkeiten, die Korruption, die Sittenlosigkeit und die vielen anderen Abweichungen vom rechten Weg Gottes und seinen Geboten betrachten, dann steht uns diese Finsternis deutlich vor unseren Augen.
Als Folge des weitgehenden Glaubensabfalls der einst christlichen Völker und durch die erkennbare innere und äußere Schwächung der Kirche breitet sich ein antichristlicher Geist aus. Er begnügt sich nicht mehr damit, christliche Positionen zu schwächen und zu versuchen, die Welt nach anderen Maßstäben zu gestalten, sondern er wird immer aggressiver. Diejenigen, die am Glauben festhalten und seine moralischen Werte noch hochhalten, drohen zunehmend ins Abseits zu geraten und müssen – geistig verstanden – in die Wüste ziehen.
“Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker.”
Wenn Menschen die Gebote Gottes nicht halten, wählen sie den Weg des Todes. Schon am Berg Sinai wurde das Volk Israel vor die Wahl gestellt:
“Siehe, hiermit lege ich dir heute das Leben und das Glück, den Tod und das Unglück vor, nämlich so: Ich selbst verpflichte dich heute, den Herrn, deinen Gott, zu lieben, auf seinen Wegen zu gehen und seine Gebote, Satzungen und Rechtsentscheide zu bewahren, du aber lebst (…). Wenn sich aber dein Herz abwendet und nicht hört, wenn du dich verführen läßt, dich vor anderen Göttern niederwirfst und ihnen dienst – heute erkläre ich euch: Dann werdet ihr ausgetilgt werden.” (Dtn 30,15-18a)
Wählt der Mensch von heute den Weg des Todes?
Jeder muß sich entscheiden!