Geistlich-seelische Heilung durch Gott »Die Heilige Musik und die Stille«

Wie wir gesehen haben, bietet uns der Herr auf unserem Weg der Nachfolge viele Möglichkeiten an, um unsere Seele immer mehr zu heilen. Der Weg der Heiligung, zu dem wir berufen sind, will uns in die vollständige Gemeinschaft mit Gott führen, die in der Ewigkeit ihre Vollendung finden wird. Wenn unsere verwundete Seele dann vollständig geheilt und umgestaltet ist, gibt es nichts mehr, was uns von Gott trennt. Wir werden in der Liebe völlig mit ihm vereint sein und in der Anschauung Gottes leben – wir werden Gott also so schauen, wie er ist. Das werden wir in der Gemeinschaft mit den heiligen Engeln und all jenen Menschen tun, welche schon in die Herrlichkeit des Himmels aufgenommen wurden. Der Mensch erreicht seine ewige Bestimmung.

Noch sind wir jedoch unterwegs und müssen uns unter den Bedingungen des irdischen Lebens bewähren. Doch Gott beginnt bereits jetzt mit dem Heil und der Heilung unserer Seele, um uns auf die Vollendung in der Ewigkeit vorzubereiten. Da diese herrliche Ewigkeit vor uns liegt und wir uns nach ihr ausstrecken dürfen, ist es wichtig, daß unsere Seele immer mehr mit ihrer eigentlichen Heimat in Berührung kommt, damit ihre Sehnsucht nach Gott wächst und auch ihre Fähigkeit, die ihr gestellte Aufgabe zu erfüllen.

Vergessen wir nicht, daß der Verlust der heiligmachenden Gnade, also der unmittelbaren vertrauensvollen Beziehung zu Gott, unserem Vater, das größte Drama für die Seele ist. Sie sehnt sich nach dieser Beziehung, die ihr den wahren Frieden bringt. Deshalb ist es für den Menschen wichtig, auf dem Weg der Heiligung voranzuschreiten und die entsprechenden Hilfen anzunehmen. Alles, was Gott verherrlicht, richtet unsere Seele auf und schenkt ihr Heilung. Im Folgenden wenden wir uns zwei wichtigen Elementen zu, die uns dabei helfen sollen, Gott immer mehr zu begegnen und unsere Seele heilen zu lassen. Es handelt sich um die Begegnung der Seele mit der heiligen Musik und der Stille.

Die heilige Musik

Der Heilige Geist hat der Kirche heilige Gesänge geschenkt, welche Teil der Liturgie sind. Sie verherrlichen Gott und erheben die Seele zu ihm. Für die katholische Kirche ist es die Gregorianik, welche die Schönheit und Güte Gottes am vollkommensten preist. Der heilige Gesang berührt die Seele in ihrer Tiefe. Von der heiligen Hildegard von Bingen ist das wunderbare Wort überliefert, daß Gott den Menschen durch die Musik die Erinnerung an das verlorene Paradies hinterlassen hat.

Durch das bewußte Aufnehmen der Gregorianik, welche in unserer Kirche inzwischen leider ein Schattendasein führt, kommt die Seele mit der Schönheit Gottes in Berührung. Die Gregorianik hat ihren vorzüglichen Platz in der Liturgie. Dort entfaltet sie ihre ganze Bedeutung und läßt den Menschen etwas »vom Himmel kosten«. Diese heilige Musik berührt die Seele in ihrer feineren Wahrnehmung, also nicht primär in der sinnlichen Sphäre, sondern – wenn man so sagen will – in ihrer sublimen, geistigen Dimension. Dies bewirkt ein tieferes Erwachen in ihr. Es gehört zu den tragischsten Entwicklungen im Leben unserer Kirche, daß den Menschen diese innere Erfahrung weitgehend vorenthalten wird. Für die heilige Liturgie kann die Gregorianik nicht adäquat durch eine andere Musik ersetzt werden – ganz zu schweigen von banalisierenden und zerstörerischen Elementen in der gegenwärtigen Musik im Gottesdienst. So wie eine würdige Zelebration der Heiligen Messe nicht ohne Verlust durch einen Wortgottesdienst ersetzt werden kann, so kann die Würde des heiligen Gesanges auch nicht durch eine andere Musik erreicht werden.

Wenn Gläubige in Berührung mit heiliger Musik kommen wollen, bleibt ihnen nur, jene Klöster und Kirchen zu finden, in denen Gott noch durch diese heilige Musik verherrlicht wird. Sonst muß man sie auf Tonträgern anhören. Eine weitere Möglichkeit wäre, Kirchen ausfindig zu machen, in denen im orientalischen Ritus zelebriert wird, und die sich den wertvollen byzantinischen Gesängen verpflichtet wissen. Für diese Musik gilt Ähnliches, wie wir es hier über den lateinischen Choral gesagt haben.

Die Stille und das Schweigen

Wenn wir unserer Seele Gutes tun und sie für Gott empfänglicher machen wollen, ist es sehr wesentlich, die Stille zu suchen. Wir alle wissen, daß ständig Einflüsse auf unsere Seele einwirken. Man kann Kardinal Sarah zustimmen, wenn er von einer »Diktatur des Lärms« spricht. Wir werden immer unfähiger, die Stille zu suchen und sie in uns aufzunehmen. Leider muß man bereits vom Gegenteil ausgehen, daß Menschen sogar eine Art Angst vor der Stille haben und sie fliehen.

In dem Maß, in dem unser geistliches Leben sich vertieft, wird der Zug zur Stille und zum Schweigen immer stärker. Es ist ein klares Kennzeichen dafür, daß Gott in der Seele wirkt. Das allein zeigt schon, daß die menschliche Seele der Stille bedarf, um zu Gott und zu sich selbst zu finden. In der Stille reagiert die Seele nicht nur auf die jeweiligen äußeren Umstände, sondern sie wendet sich dem Wesentlichen zu. Das heißt, daß sie genauer zu unterscheiden weiß, was wesentlich und was weniger wesentlich ist. Wesentlich ist es, Gott zuzuhören und mit ihm auszutauschen. Wesentlich ist es, dem Nächsten in der Liebe Gottes zu dienen.

In der Stille lernen wir leichter, die rechte Hierarchie der Dinge und Umstände zu erkennen und uns nicht ständig ablenken zu lassen. Durch dieses »Wesentlich-Werden« heilt die Seele. Ihre Zerstreuung und ihre Nachgiebigkeit gegenüber äußeren Einflüssen werden gemindert. Sie kann leichter nach innen gehen und bei Gott einkehren und erfährt eine größere innere Ordnung.

In den nächsten Betrachtungen werfen wir noch einen Blick auf eine heilsame Askese und einen weiteren Aspekt, den der Herr uns für diesen Weg anbietet.

Betrachtung zum Tagesevangelium: https://elijamission.net/12817-2/#more-12817

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