In Gott die wahre Heimat finden

Lk 9, 57-62 (Evangelium am Gedenktag des Heiligen Godehard)

Als Jesus und seine Jünger auf ihrem Weg weiterzogen, redete ein Mann Jesus an und sagte: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann. Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Laß mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben. Jesus sagte zu ihm: Laß die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes! Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber laß mich von meiner Familie Abschied nehmen. Jesus erwiderte ihm: Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.

Dieser Text wird von der Kirche in Deutschland zum Gedenken des hl. Godehard ausgewählt. Er lebte als Benediktinerabt in Neresheim (997), bevor er dann zum Bischof von Hildesheim ernannt wurde.

Die Worte des Herrn stellen uns die Unbedingtheit der Nachfolge Christi vor Augen. Jesus hatte keinen Ort auf dieser Erde, er baute sich keine ‘Nester’ und lebte in keiner Residenz, um jene zu empfangen, welche ihn aufsuchen wollten. Doch bedeutet dies nicht etwa eine ruhelose ‘Heimatlosigkeit’, sondern seine Heimat war der Wille des Vaters. Dies ist jene innere Heimat, die wir alle von Gott empfangen können, solange wir auf der Erde noch unterwegs sind.

Die äußere Heimat ist vorläufig, manchmal auch brüchig, wie man es oft genug erleben kann. Deshalb gilt es sich in Gott zu verankern, denn diese Heimat kann uns nicht verlorengehen, wenn Kriege oder widrige Umstände vielerlei Art die irdische Heimat bedrohen.

In besonderer Weise gilt die völlige Beheimatung in Gott für jene Menschen, an welche der Ruf des Herrn ergangen ist, alles zu verlassen um Ihm nachzufolgen. Das schließt auch ein, die Verwandtschaft um Jesu willen zurückzustellen. Ein solcher Ruf des Herrn hat für viele Menschen, die in der irdischen Heimat und in ihrer Familie ihren primären Halt und Sinn finden, etwas Unbegreifliches. Wenn jemand jedoch einem Ruf folgt, der es nicht erlaubt zurückzublicken (vgl. Lk 9,62), dann muß er ihm folgen, auch wenn er nicht verstanden wird. Wenn wir bedenken, daß ein solcher Ruf in den unmittelbaren Dienst für Gott und für alle Menschen führt, ist das vielleicht leichter nachvollziehbar.

Die Verkündigung des Evangeliums bedeutet ja, den Menschen das Heil anzubieten und ihnen den Weg in die Ewige Heimat zu öffnen. Es ist ein Dienst an der wahren Rettung der Menschheit. Dieser Aufgabe ordnet sich alles andere unter. Es braucht daher eine letzte Freiheit, einem solchen Ruf ganz zu entsprechen, denn die Hand ist an den Pflug des Herrn gelegt, und es gilt das Wort des Heiligen Paulus: “Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. (Phil 3,13)

Diese letzte Freiheit, dem Herrn ganz zu folgen, wird erheblich eingeschränkt, wenn wir uns nicht aus den natürlichen Bindungen lösen; sie können dann sogar zu einem großen Hindernis werden. So wird es verständlich, daß der Herr hier keine Kompromisse zuläßt. Wer nicht bereit ist, die Bedingungen ganz zu erfüllen, kann einem derartigen Ruf in die Nachfolge Christi nicht entsprechen. Er schaut zurück.

Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, denn der Herr wird hier seine Ansicht nicht ändern. Wenn wir uns aber auf einen solchen Ruf einlassen, dann öffnet sich ein wunderbarer und fruchtbarer Weg, der auch persönlich zur Erfüllung führt.

Ich kann nur jedem Menschen, an den ein solcher Ruf ergeht, sehr raten, sich unbedingt ganz darauf einzulassen. Derjenige, der gerufen hat – der Herr – wird dazu auch die Gnade schenken.

Auch Eltern sollten sehr wachsam sein, ob ein derartiger Ruf an den Sohn oder die Tochter ergeht und diesen unterstützen, auch wenn es bedeutet, daß der- oder diejenige die Familie verläßt. Es ist eine Ehre für eine Familie, wenn eines ihrer Mitglieder dem Herrn auf diese Weise dient. Es gilt den Blick Gottes zu gewinnen, um zu sehen, welche Gnade es ist, von Gott gerufen zu sein.

Es wäre tragisch, wenn diese Dimension des Gottesrufes verlorenginge oder auch nur abgeschwächt würde. Ein besonders starkes und schmackhaftes Salz würde schal werden und somit seine Kraft verlieren (vgl. Mt 5,13).

In unserer katholischen Kirche haben wir die Tradition, um geistliche Berufungen zu beten, dem Wort des Herrn folgend: “Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!” (Lk 10,2b). Vielleicht können wir einem solch wichtigen Gebet noch die Bitte hinzufügen, daß die Berufungen auch in der Radikalität gelebt werden, wie sie dem Willen Gottes entsprechen, damit die Kirche eine wahre Erneuerung erfahren kann.

Geistliche Berufungen, die sich in weltliche Dinge verstricken, die zurückschauen und sich nicht von ihren natürlichen Bindungen genügend lösen können, verfehlen ihre Aufgabe und können nicht ihre ganze Fruchtbarkeit entfalten.

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